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reißen lassen. Sechs Freiherren und sechs Ritter umgaben jederzeit seine
Person. ZwölfSchildwachen gingen bestandigum seinen Palast, um jede
Störung fern zu halten. Reiste Wallenstein über Land, so begleitete ihn
sein Hofstaat in 60 Wagen, und die Geräthschaften und das untere Gefolge
wurden in 100 sechs- und vierspännigen Wagen nachgefahren. Wie arm¬
selig mußte sich dagegen der Kaiser Ferdinand behelfen, dessen Staatskassen
ein 12jahr!ger Krieg bis auf den Boden geleert hatte.
Den Oberbefehl über die kaiserlichen Truppen erhielt nun der siegge¬
krönte Tilly, der im Felde ergraut und reich an Erfahrung war. Sehr bald
jedoch stellte sich ihm ein Gegner in die Schranken, der seinen Siegeskranz
entblätterte, und dieser Held war G u sta v A d olp h, König von Schweden.
V. Der schwedische Krieg.
Im Norden Europa's wohnte ein einfaches, aber tapferes Volk, das
sich bis jetzt wenig um die Welthandel gekümmert hatte. Dieses Volk
waren die Schweden, welches in Gustav Adolph einen König erhielt, der
heute noch von allen Protestanten als der Erretter ihrer Glaubensfreiheit
gepriesen wird. Derselbe wurde den 9. December 1)94 geboren, und die
Sterndeuter (Astrologen) sollen dem neugebornen Prinzen eine glänzende
Laufbahn verheißen haben. Der junge Prinz besaß außerordentliche Geistes¬
anlagen. In seinem 12. Jahre sprach er Lateinisch, Deutsch, Niederländisch,
Französisch, Italienisch und verstand Polnisch. Als 17jähriger Jüngling be¬
stieg er den Thron seiner Väter. In mehreren Feldzügen gegen Rußland und
Polen bewährte sich sein Fcldherrntalent und die Tapferkeit seiner Schweden
aus eine treffliche Weise, denn in kurzer Zeit hatte er mehrere Provinzen
an der Ostsee erobert.
Der Uebermuth des deutschen Kaisers, der den schwedischen König
schnöde behandelte, das Streben, an der Ostsee zu Gunsten Oesterreichs
eine große Macht zu gründen, vor Allem aber die traurige Lage
der evangelischen Cinwohner Deutschlands brachte in Gustav
Adolph den Entschluß zur Reife, dem Kaiser Ferdinand den Krieg zu er¬
klären. Der König versammelte seine Reichsstände, theilte ihnen diesen
Entschluß mit und gab ihnen sürdieZeit seiner Abwesenheit verschiedene
Verhaltungsregeln. Willig brachte sein treues Volk die Opfer dar, die
sein großes Unternehmen erheischte. Die Vorkehrungen zur Einschiffung
der Truppen wurden eiligst getroffen unb Ende Mai 1630 stach man in
die See. Eine unabsehbare Menschenmenge bedeckte das Ufer, den edlen
König mit ihren Segenswünschen zu begleiten. Thränen benetzten seine
Wangen, vielleicht ahnend, daß sein Fuß den heimathlichen Boden nicht
wieder betreten werde. Den 24. Juni, am Feste Johannis des Täufers,
landete die Flotte in Pommern. Gustav Adolph betrat zuerst den deut¬
schen Boden, siel auf seine Kniee und rief den König aller Könige um Bei¬
stand zu seinem Vorhaben an. Dieser Augenblick war so ergreifend, daß
selbst in den Augen der ihn umgebenden Krieger Thränen zitterten; aber