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Spandau schicken. Am Abende erzählte er den Vorfall im
Tabackscollegium. Der Kammerherr von Pöllnitz bemerkte,
die Mädchen könnten doch wohl unschuldig seyn. Der König
widerstritt lebhaft und ging dann auf einige Minuten hinaus.
Am folgenden Morgen mußte der Kammcrherr zwei Mädchen in
das Zimmer des Königs rufen, die schüchtern und in eine Ecke
gedrückt im Vorzimmer standen. Zitternd traten sic herein; es
waren die beiden Bürgertöchter, die Pöllnitz frei gemacht hatte.
,,Hört, — redete sie der König an — ich Hab' euch gestern Un¬
recht gethan, denn ich sah euch für etwas an,'was ihr nicht
seyd. Ihr seyd brave Mädchen, das weiß ich nun; aber wißt,
man geht des Sonntags spahieren und an den übrigen Tagen
arbeitet man. Alsdann müßt ihr auch nicht charmant sagen,
denn das versteht ihr nicht und wißt nicht, daß es garstig ist.
Da sind für jede von euch 500 Thaler, wenn eure Hochzeit ist,
kriegt eine jede noch einmal so viel." — Man kann sich vor¬
stellen, wie groß die Freude der Mädchen war, die so unver-
muthet nach Spandau geführt, in der Nacht wieder befreit und
nun so beschenkt worden waren. Der König hatte noch denselben
Abend durch einen Gardcoffizier die nöthigen Erkundigungen ein-
zichen lasten. Es waren Nichte und Tochter eines braven Unter¬
offiziers; die Erstere sollte zu ihren Eltern zurückkchren, und des¬
wegen war ihr erlaubt worden, vorher noch den Garten zu besehen.
Von einem Jeden, der mit ihm sprach, verlangte der König,
daß er ihn genau ansähe; denn er glaubte in eines Jeden Auge
lesen zu können, ob das, was er spreche und suche, Wahrheit
scy. Er ward daher sehr ungehalten, wenn Jemand, der ihn
kommen sah, ihm aus dem Wege ging. Einen Tanzmcister, der,
um die Begegnung zu vermeiden, weil sie nicht immer frucht¬
bringend war, über Stock und Stein in ein Haus lief, ließ er
von seinem Pagen zurückrufen, fragte ihn genau aus, und um
sicher zu seyn, daß er der sey, für den er sich ausgab, mußte
er sogleich auf der Straße eine Sarabande tanzen. — Noch
schlimmer kam ein anderer französischer Tanzmeister weg, welcher
zu Pferde dem Könige begegnete und im Galopp davonritt, ohne
auf den Zuruf des Monarchen zu hören. Der König schickte