Full text: Geschichten aus der Geschichte, das ist: Denkwürdigkeiten aus der Weltgeschichte

H. 19. Hannibal. Karthago's Ende. 2S 
ihre ganze Rache an dir ausüben werden?" — Und sein Weib 
weinete, und seine Kinder weineten und seine Anverwandten 
weinten und die ganze Stadt bat ihn: „Bleibe!" „Ich hab's ge¬ 
schworen, ich darf nicht!" antwortete Regulus. „Wir sprechen 
dich von deinem Eide los!" sagten die Priester. „Das könnt' 
und dürft ihr nicht!" erwiderte Regulus, und — reiste. Die 
Karthager hatten's schon vernommen, was er zu Nom im Senate 
geredet, und warteten schon mit Ingrimm auf ihn. Und als er 
ankam, schnitten sie ihm die Augenlieder ab, und stellten ihn 
gegen die Sonne. Dann legten sie ihn in eine Lade auf die 
Spitzen durchgeschlagener Nägel, und zuletzt kreuzigten sie ihn. 
§. 19. Hannibal. Karthago's Ende. 146 v. Ehr. 
Römer und Karthager blieben fortwährend arge Feinde. 
Wie groß der Haß war, kann man unter anderm daraus sehen, 
daß der karthagische General Hamilkar beim Opfer zu seinem acht¬ 
jährigen Knaben sprach : „Hannibal, wir sind hier im Tempel der 
Götter. Nun umfaß mir den Altar dort, und schwöre dem Unsicht¬ 
baren, nie anders als feindselig gegen das arge Römervolk zu han¬ 
deln!" Hannibal schwur, und hat seinen Eid treulich bis an sein 
Ende gehalten. Was dünkt euch aber von einer solchen Gewissen¬ 
haftigkeit? — Als der achtjährige Knabe ein Mann und Anführer 
eines karthagischen Heeres geworden war, machte er mit diesem den 
Römern einen traurigen Besuch in ihrem eigenen Vaterlande. Aber 
wie kam er dahin? Schiffte er schnurstracks drüben von Afrika her¬ 
über nach Italien? Nein, das hätten wohl die Römer verhindert, 
sondern er kam von Spanien her, marschirtc unvermuthet über die 
Pyrenäen und durch Frankreich und kletterte daun über das gewal¬ 
tige, unwegsame Alpeugebirge. Dabei giug's aber gar schlimm her. 
Bald stürzte ein Haufen seiner Soldaten in ungesehene tiefe Fels¬ 
spalten und kam nie wieder an's Tageslicht; bald donnerte eine 
Lawine vonr Berge herab und begrub Hunderte; bald brauste ein 
Sturmwind daher und stürzte ganze Massen in unergründliche Tie¬ 
fen. Als daher Hannibal unten ankam und seine Krieger zählte, 
hatte er nur noch 26,000. Vier und dreißig Tausend aber waren in 
den Alpen begraben. Dennoch siegte er einmal über das andere, kam 
der Stadt Rom immer näher und Alles zitterte uud bebte vor dem 
kleinen Heere der Karthager. Noch hundert Jahr nachher wurden 
die weinenden Kinder gleich still, wenn man ihnen sagte: „Still, 
Hannibal kommt!" — Einmal hatten ihn die Römer in ein tiefes, 
enges Thal gelockt, stellten sich mit ihren Waffen oben auf die Berge, 
und dachten: „Warte, nun haben wir dich, nun sollst du uns 
nicht entwischen!" Aber, was geschah! In einer finstern Nacht 
sahen sie plötzlich viele Feuer da unten zwischen den Karthagern
	        
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