90 II, Abschnitt. Die Churfürsten von Brandenburg re.
keine finden kann. Des großen Königs großer Kanzler Oxenflierna
trat ans Ruder; treffliche schwedische Generale führten die Heere, und
so suchte man wenigstens in des geliebten Todten Geiste fortzuwicken.
Indeß fehlte das Alles umschlingende Band, die Einheit im Handeln
verschwand bei den Generalen, der Gcmeinsinn wurde nicht mehr ge¬
funden. Und diese Ursachen machten es auch, daß die Schweden zum
ersten Male auf deutschem Boden, bei Nördlingen im Jahr 1634,
hart geschlagen wurden.
Kaum hatten sie diesen Unfall erlitten, als die Churfürsten von
Sachsen und Brandenburg eilten, mit dem Kaiser Frieden zu schlie¬
ßen. Sie waren langst der Schweden müde und nun um so mehr,
da sie es ihrer Würde zu nahe glaubten, von dem schwedischen Kanz¬
ler Befehle zu erhalten. So kam der Frieden zu Prag 1635 zu
Stande. Ec versprach den Fürsten, die ihm beitraten, die Aufhebung
des Restitutionsedikts, dem Churfürsten von Brandenburg insbesondere
den künftigen Besitz von Pommern.
Dieser Frieden gab unsecm armen Vaterlande keine Ruhe. Es
wurde vielmehr nun auch von den Schweden feindselig behandelt, die bis
hierher doch noch schonend mit demselben verfahren hatten. Feind und
Freund, Schweden und Kaiserliche drangen 1636 abermals in Bran¬
denburg ein und hauseten mit großer Wildheit. Und wenn ein feind¬
licher General sich nach vielen Erpressungen entfernte, so erschien gleich
ein anderer, um die Harte in einem noch höhern Grade sortzusetzen.
Schlachten wurden auf dem Boden des Landes gefochten, welches
kurz vorher mit dem Kaiser Frieden geschlossen hatte. So bei Witt¬
stock in der Pciegnitz, 1636, zwischen Schweden und Kaiserlichen.
Man sah es daher wirklich als kein großes Uebel an, daß mehrere
Jahre hindurch in Berlin und in andern Gegenden der Mark die
Pest Hunderte von Menschen hinraffte. Das Leben schien in so gro¬
ßer Bedrangniß keinen Werth zu haben.
Unser Vaterland war also rein zerknickt; was das Schwert nicht
gefressen, wurde durch Hunger, Elend und Seuchen vernichtet. Und
in welchem Grade dies der Fall war, laßt uns folgender Umstand
bald erkennen. Der schwedische Feldherr Banner drang 1639 von
Pommern aus vor, um die belagerte Stadt Erfurt zu entsetzen. Er
nahm aber mit seinem Heere einen Umweg durch Schlesien und Sach¬
sen, nicht, um unseres Vaterlandes zu schonen, sondern weil er es
unmöglich fand, in demselben seine Armee zu ernähren. An die Er¬
furter schrieb er: „Ich würde euch schon lange zu Hülse ^gekommen
sein, wenn nicht zwischen der Oder und Elbe Alles so verwüstet wäre,
daß daselbst weder Hunde, noch Katzen, geschweige' Menschen und
Pferde sich aufhalten können. Durch solche Lande, die der Feind
wegen Hungers und Jammers hat verlassen müssen, kann ich meine
Armee nicht führen." — Und ein anderer schwedischer General, der,
tödtlich krank, nach dem Zuspruche eines Predigers verlangte, konnte
arss 5 Meilen umher keinen auffinden.