Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

104 
Lieber, gelobe mir ein Gleiches." Der Vetter versprach es ihm, 
und beide umarmten sich. Die Wahl siel auf den älteren Konrad. 
Der neuerwählte König bestätigte vollkommen das Ver¬ 
trauen, welches man in ihn gesetzt hatte. Mit kräftiger Hand 
führte er die Zügel der Regierung und durchzog selbst zur besseren 
Handhabung des Rechtes und der Ordnung die einzelnen Pro¬ 
vinzen. Er selbst saß zu Gericht, half den Unterdrückten zu 
ihrem Rechte und züchtigte die Räuber. Zu der damaligen Zeit 
uämlich, wo wegen der ewigen Kriege rohe Willkür herrschte, 
erlaubte sich jeder, was er konnte; es gab kein Gesetz, keinen 
Frieden mehr im Lande. Wurde ein Burgbesitzer von einem 
andern beleidigt, so suchte er nicht mehr Hülfe beim Könige oder 
bei schlechtbcstellten Gerichten, sondern jeder war kurz entschlossen, 
sich selbst Recht zu verschaffen. Sie umgaben sich mit mehreren 
Kricgesgehülfen und gingen ans einander los. Wer die meisten 
und kräftigsten Fäuste ans seiner Seite hatte, der hatte bei sol¬ 
chen Fehden das beste Recht. Man nannte es daher das 
Faustrecht, weil eine gute Faust statt alles Rechtes galt. 
Man hörte am Ende von nichts als Morden, Rauben und 
Brennen. Besonders gefährlich waren die hochgelegenen Bur¬ 
gen, von denen aus die Raubritter auch das Eigenthum und 
die Sicherheit der Schwächeren gefährdeten. Um den fortwäh¬ 
renden überall herrschenden Fehden der Großen vorerst wenig¬ 
stens eine Grenze zu setzen, hatten bereits die burgundischen 
Bischöfe den Gottesfrieden oder die Gottestrene(Treuga 
dei) verkündet. Rach diesem mußte bei Strafe des Kirchenbannes 
und der Landesverweisung jede Woche von Mittwoch Abend bis 
Montag Morgen zur Feier der durch das Leiden und die Auf¬ 
erstehung Christi geheiligten Tage die Fehde ruhen. Dieser 
Gottcsstiede brachte, wenn auch mehr für die ersten Zeiten, eine 
heilsame Unterbrechung der Fehden hervor, die nicht selten zu ver¬ 
söhnenden Unterhandlungen führte. Später gewann auch in 
Deutschland dieser wohlthätige von der Kirche ausgegangene Got¬ 
tesfriede Aufnahme und immer weitere Geltung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.