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dem römischen Stuhle verdanken und nur dem Papste den Eid
des Gehorsams schwören. Hiergegen erhob sich ein gewaltiger
Widerstreit der Fürsten, der bis zum Jahre 1122 fortwährte.
Diese scharfe Kirchenzucht schreckte schon die Geistlichkeit,
als er noch auf das strengste den Befehl erneuerte, daß alle
Geistlichen früheren, oft umgangenen, kirchlichen Vorschriften ge¬
mäß, unverheirathet bleiben sollten. ES war nämlich die uralte
kirchliche Vorschrift über die Ehelosigkeit der Geistlichen in vie¬
len Gegenden ganz in Vergessenheit gekommen. Den verhei¬
rateten Priestern schärfte er ein, ihre Weiber zu entlassen, wenn
sie nicht ihrer Würde wollten entsetzt sein. Denn der Diener
der Kirche solle einzig Gott und seinem Berufe leben, ohne zer¬
streuende Sorgen um Weib und Kind. Nur die Lösung von
Irdischen Neigungen könne zu himmlischen hinanführen; nur hie¬
durch könne völlig das Band gelöset werden, das den Geistlichen
noch an seinen Fürsten fessele, dessen er zur Versorgung seiner
Kinder bedürfe. — Den Laien verbot er auf das strengste, die
heil. Sakramente aus der Hand eines verehelichten Priesters zu
empfangen oder irgend eine Gemeinschaft mit ihm zu pflegen.
Gegen die Erneuerung dieses Verbotes erhob sich ein hef¬
tiger Widerstand, in manchen Gegenden kam es sogar zu förm¬
lichen Aufständen. Mehrere Bischöfe wandten sich an den Papst
und erklärten, es sei ihnen unmöglich, dieses bei ihren Geist¬
lichen durchzusetzen. Gregor blieb unerschütterlich fest. Jedem
Widerspänstigen drohete er mit völliger Ausstoßung aus dem
Schooße der Kirche. Und trotz allem Widerstande, trotz allen
Schmähungen wurde von nun an das ehelose Leben der Priester,
Cölibat genannt, allgemein wieder eingeführte
Noch hatte Gregor sein Ziel nicht erreicht. Denn die Kirche
sollte nicht nur frei und unabhängig werden von der weltlichen
Macht, sondern sie sollte auch die Gewalt und die Oberaufsicht
über den Staat selbst führen. Dem Papste sollten Kaiser und
Könige und Fürsten mit aller ihrer Macht unterworfen sein. Er
erklärte öffentlich: der Papst sei als Nachfolger des h. Petrus