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So lebte er nun manchen Tag und manches Jahr auf der
Heide und wurde größer und stärker, und in das Herz kamen tiefere,
dunklere und stillere Gewalten, und es ward ihm wehe und sehn—
süchtig, und er wusste nicht, wie ihm geschah. Seine Erziehung
hatte er vollendet, und was die Heide geben konnte, das hatte sie
gegeben; der reife Geist schmachtete nun nach seinem Brote, dem
Wissen, und das Herz nach seinem Weine, der Liebe. Sein Auge
gieng über die fernen Duftstreifen des Moores und noch weiter
hinaus, als müsse dort draußen etwas sein, was ihm fehle, und als
müsse er eines Tages seine Lenden gürten, den Stab nehmen und
weit, weit von seiner Herde gehen. J
Die Wiese, die Blumen, das Feld und seine Ahren, der Wald
und seine unschuldigen Thierchen sind die ersten und natürlichsten
Gespielen und Erzieher des Kinderherzens. Überlass den kleinen
Engel nur seinem eigenen, inneren Gotte, und halte bloß die Dämonen
ferne, und er wird sich wunderbar erziehen und vorbereiten. Dann,
wenn das fruchtbare Herz hungert nach Wissen und Gefühlen, dann
schließ ihm die Größe der Welt, des Menschen und Gottes auf.
Und somit lassst uns Abschied nehmen von dem Knäben auf
der Heide.
248. Ein Gewitter im Steinkar in Böhmen.
Das Steinkar besteht aus sehr vielen kleinen Hügeln, jeder
Hügel aus nacktem, grauem Kalksteine, der aber nicht, wie es oft bei
diesem Gesteine der Fall ist, zerrissen oder steil abfällt, sondern in
rundlichen, breiten Gestalten auseinander geht und an seinem Fuße
eine lange, gestreckte Sandbank um sich herum hat. Durch diese
Hügel geht in großen Windungen ein kleiner Fluss, namens Zirder.
Eines Tages war in den Steinen eine besondere Hitze. Die
Sonne hatte zwar den ganzen Tag nicht ausgeschienen, aber dennoch
hatte sie den matten Schleier, der den ganzen Himmel bedeckte, so—
weit durchdrungen, dass man ihr blasses Bild immer sehen konnte,
dass um alle Gegenden des Steinlandes ein wesenloses Licht lag,
dem kein Schatten beigegeben war, und dass die Blätter der wenigen
Gewächse, die zu sehen waren, herabhiengen; denn obgleich kaum
ein halbes Sonnenlicht durch die Nebelschichte der Kuppel drang,
war doch eine Hitze, als wären drei Tropensonnen am heiteren
Himmel und brennten alle drei nieder. Ich setzte mich unter einen
Steinüberhang, der eine Art Höhle bildete, in welcher es bedeutend
kühler war als draußen in der freien Luft. Gegen Abend wurde
die Wolkenschicht nicht zerrissen, wie es doch an solchen Tagen sehr
häufig geschieht, sie wurde auch nicht dichter, sondern lag in derselben
gleichmäßigen Art wie den ganzen Tag über dem Himmel. Ich
gieng daher sehr spät aus der Höhle, in der ich eine Zeitlang ge—
lesen hatte; denn sowie die Schleierdecke am Himmel sich nicht ver—
ändert hatte, so war die Hitze auch kaum minder geworden, und man