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Dieses Studium des römischen Rechts half dem Bürgerstaude
mächtig empor. Durch dieses entriß er der Geistlichkeit den
alleinigen Besitz gelehrter Kenntnisse. Der Adel, der cs seiner
würdiger hielt, sich in den Waffen zu üben, als sich mit der
mühsamen Erlernung eines fremden Rechtes zu beschäftigen,
zog sich seitdem mehr und mehr von der richterlichen Beschäf¬
tigung zurück und überließ zuletzt die ganze Gerichtsverwaltung
dem Bürgerstande.
Kaiser aus verschiedenen Häusern, von Nu-olf von
Habsburg bis auf Albrecht II.,
(1273-1437).
63. Rudolf von Habsburg (1273-1291).
Am Ufer der Aar, in dem Schweizer-Kauton Aargau, er¬
heben sich auf einem den Stürmen freistehenden Hügel die Ruinen
des Schlosses Habichtsburg oder Habsburg, die weit
über die Gegend hinschauen. Dieses Schloß war das Stamm¬
haus des berühmten Grafen Rudolf von Habsburg, der
im Jahre 1273 zum deutschen Kaiser erwählt wurde. Er besaß
noch mehrere andere Güter in der Schweiz sowohl als im El¬
saß und stand deshalb als ein mächtiger Herr in großem An¬
sehen. Auch war er als ein frommer und biederer Held in der
ganzen Gegend hoch geehrt. Er schützte in jenen unruhigen
Zeiten nach Friedrichs 11. Tode, wo Deutschland eine geraume
Zeit hindurch so gut wie ohne Regenten war, den Bürger wie
den Landmann vor den herumziehenden Räubern. Vorzüglich
gestcl dem Volke seine Ehrfurcht für die Religion und ihre
Diener. Einst begegnete ihm auf der Jagd ein Priester, der
mit der letzten Wegzehrung zum Kranken eilte. Wegen deS an¬
geschwollenen WaldwasscrS war der Weg schlüpfrig und unsicher
geworden. Da sprang Rudolf von seinem Rosse, ließ den Priester
aufsteigen und führte dcmuthsvoll selbst daS Thier am Zügel