Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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Wie erschrak die Frau, als sie hörte, daß dieser der Kaiser selbst 
sei! Eiligst lief sie in das Lager hinaus und warf sich ihm zu 
Füßen. Rudolf aber hieß sie aufstehen und legte ihr keine an¬ 
dere Strafe auf, als daß sie vor der ganzen Gcllschaft den Vorfall 
erzählen solle. Das that denn die Frau zum herzlichen Ergötzen 
der munteren Gesellschaft. 
Rudolf hätte gern gesehen, daß noch bei seinen Lebzeiten 
sein Sohn Albrecht zu seinem Nachfolger ernannt würde und 
äußerte auch gegen die Fürsten diesen Wunsch. Allein dieser 
blieb unerfüllt. Seine große Hausmacht mochte wohl bei man¬ 
chem Fürsten Besorgniß erregen. Mißvergnügt schied er deshalb 
aus der Fürstcnversammlnng zu Frankfurt. Nicht lange nach¬ 
her, im Jahre 1291, starb er zu Germersheim am Rhein, von 
allen Guten wegen seiner Redlichkeit beweint, und wurde zu 
Speier in der Gruft der Kaiser beigesetzt. Seine Gerechtigkeits¬ 
liebe war sogar zum Sprichwortc geworden, so daß mau von 
einem gewissenlosen Menschen sagte: „Der hat Rudolf'S Red¬ 
lichkeit nicht!" 
64. Adolf von Nassau. — Albrecht I. von Oesterreich. — 
Heinrich VII. von Luxemburg. 
Adolf von Nassau (1291—1298). — Nach Rudolfs 
Tode ernannte der Erzbischof von Mainz, dem die übrigen Fürsten 
ihre Wahlstimmen übertragen hatten, nicht Rudolfs noch einzigen 
Sohn Albrecht, sondern den Grafen Adolf von Nassau*), 
der ihm selbst entfernt verwandt war, zum Könige. Adolf war 
zwar ein tapferer und untcrnehmungsvoller Ritter, aber für eine 
solche Würde war seine Macht und sein Ansehen viel zu gering. 
Er war so unvermögend, daß er nicht einmal die Krönungs- 
kostcn zahlen konnte. Er wollte die Macht seines Hauses ver- 
*) Nassau soll seinen Namen von der nassen Aue haben. In der 
Nähe der Stadt, am linken Ufer der Lahne, sieht man noch die Trümmer 
deö Stammschlosses dieses Adolf.
	        
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