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69. Wenzel (1378—1400). Ruprecht von der Pfalz
(1400-1410).
Wenzel, Karl's ältester Sohn und Nachfolger, zeigte sich
anfangs thätig für den Frieden in der Kirche und im Reiche.
Später aber kümmerte er sich wenig um die Angelegenheiten
in Deutschland, wo sich die Städte gegenseitig in grausamer
Weise bekriegten. Unter der Regierung eines so unthätigen
Fürsten wogte das Faustrecht mit allen s«nen Gräueln wieder
auf. Nirgends war mehr Ruhe, nirgends Sicherheit;, alle Stra¬
ßen waren mit Räubern angefüllt. In dieser Noth, als das
Reichsobcrhaupt keinen Schutz mehr gewährte, suchten sich die
Unterthanen so gut als möglich selbst zu helfen. Die meisten
Städte verbanden sich unter einander und schlossen im Jahre
1389 einen allgemeinen Landfrieden auf sechs Jahre.
Selbst in seinem Erblande Böhmen machte sich Wenzel
höchst verhaßt. Besonders wurde das Bolk empört durch seine
Grausamkeit gegen Johannes von Nepomuk, den Dicar
des ErzbischofeS und Beichtvater der Königin. Wenzel ver¬
langte von diesem allgemein geachteten und frommen Manne,
der noch jetzt als Märtyrer verehrt wird, daß er ihm die Beichte
der Königin, welche er in bösem Verdachte hatte, verrathe.
Allein der gewissenhafte Priester weigerte sich standhaft, ein so
unedeles Ansinnen zu erfüllen. Da ward der König zornig und
ließ ihn in's Gefängniß werfen. Hier wurde er sogar auf die
Folter gespannt; allein auch die schrecklichsten Qualen waren
nicht vermögend, seine Pflichttreue zu erschüttern und daS Ge-
ständniß zu erzwingen. Da endlich ließ er ihn, an Händen
und Füßen gefesselt, von der großen Brücke hinab in die Mol¬
dau stürzen. Wie mit dumpfem Klagetone empsingen die Was¬
ser daS verlassene, hülflose Opfer und begruben in ihren Tie¬
fen den Märtyrer und sein Geheimniß.
Diese und ähnliche Grausamkeiten empörten alle Gemüther.
Weil nun alle Vermahnung durch Wort und That nicht fruch-