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Gutgesinnten, daß eine allgemeine Kirchenversammlung diesen
ärgerlichen Streit schlichten, die vielen übrigen kirchlichen Mi߬
bräuche abstellen und so eine Verbesserung der Kirchenzucht an
Haupt und Gliedern herbeiführen möchte. Und wirklich kam
im Jahre 1414 zu Kostnitz oder Konstanz am Bodensee
eine allgemeine Kirchenversammlung zu Stande, größer und glän¬
zender, als je eine gehalten worden war. Es erschienen auf
derselben 346 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe, 564 Präla¬
ten, Lehrer und Meister der Künste und Wissenschaften, 1600
Fürsten, Grafen, Herren und Ritter, so daß Kostnitz auf einen
Tag 115,000 Fremde und 30,000 Pferde bewirthete. Die Ver¬
sammlung währte bis 1418.
Die zu Kostnitz versammelten Väter waren der einstimmi¬
gen Meinung, die verderbliche Spaltung der Kirche könne nur
dadurch gehoben werden, daß alle drei Bischöfe, die sich Päpste
nennen ließen, diese Würde niederlegten. Und wirklich wurden
diese auch dazu vermocht. Jetzt verlangten die Deutschen, und
an ihrer Spitze der Kaiser, daß, bevor man zu einer neuen
Papstwahl schreite, eine gründliche Kirchenverbcsserung an dem
Haupte und den Gliedern vorgenommen werde. ES erhoben
sich von allen Seiten Klagen über die vielen eingeschlichenen
Mißbräuche, über die Sittenlosigkeit der Geistlichkeit, über das
Kaufen geistlicher Stellen für Geld, daun insbesondere über die
immer größeren Rechte, welche sich die Päpste bisher in allen
Ländern zum Nachtheile der Fürsten und ihrer Völker angemaßt
hätten. Allein die Italiener, die ihren Vortheil dabei sehen
mochten, wenn zuvor ein neuer Papst gewählt würde, wider¬
sprachen den Deutschen aus das Heftigste, gewannen auch die
Bischöfe der übrigen Völker für sich, und so wurden die Deut¬
schen überstimmt. Es wurde zuvor ein neuer Papst gewählt
und zwar ein Italiener, der den Namen Martin V. annahm.
Dieser war ein kluger und gewandter Mann. Statt eine all¬
gemeine Verbesserung der Kirche vorzunehmen, schloß er mit
jedem einzelnen Volke besondere Verträge (Concordate) ab; und