mächtige Säulen ragen empor. Sie tragen einen von vier Pferden ge¬
zogenen Kriegswagen, auf dem die Siegesgöttin ihren Einzug hält. Im
Jahre 1807 ließ Napoleon dieses Kunstwerk als Siegesbeute nach Paris
schaffen. Mit Schmerz und Ingrimm blickten damals alle Vaterlands-
freunde auf das beraubte Tor, bis die Freiheitskriege auch diese Schmach 5
sühnten. Seit 1814 prangt das Viergespann wieder an der alten Stelle.
Wir gehen durch einen der fünf Durchgänge des Tores und haben
nun die prächtigen Laubbäume des Tiergartens vor uns. Das ist ein
herrlicher Park von großer Ausdehnung mit zahlreichen Fuß-, Reit- und
Fahrwegen, mit schönen Rasenplätzen und Teichen, Blumenbeeten und 10
malerischen Baumgruppen. Hier im Grün der Bäume war der rechte
Platz, großen und edeln Menschen Standbilder zu errichten, und so
fehlt vor allem nicht das Bild der hochherzigen Königin Lune sowie
das des Kaisers und der Kaiserin Friedrich. Mit zweiunddreißig Marmor¬
gruppen, die uns die Helden der brandenburgisch-preußischen Geschichte 15
vor Augen führen, ist die Siegesallee geschmückt, die in gerader Richtung
nach dem benachbarten Königsplatze führt. Dieser trägt die 51 m hohe
Siegessäule mit der Viktoria. Die Säule ist ein Denkmal der Siege
Kaiser Wilhelms des Großen. „Das dankbare Vaterland dem siegreichen
Heere," so lautet die Inschrift. 20
Dem Siegesdenkmal gegenüber erhebt sich breit und machtvoll das
Reichstagsgebäude, das aus gewaltigen Sandsteiuquadern erbaut ist und
dessen vergoldete Kuppel weithin leuchtend die glänzende Kaiserkrone
trägt, — ein Zeugnis deutschen Fleißes und deutscher Kraft. Der Sitzungs¬
saal enthält fast 400 Plätze für die Abgeordneten des deutschen Volkes. 25
Vor dem Reichstagsgebäude steht das gewaltige Erzbild des Fürsten
Bismarck, des Mannes, der das große Werk der Einigung Deutschlands
herbeigeführt hat.
3.
Wir kehren durch das Brandenburger Tor zurück und gehen „Unter
den Linden" nach Osten. Neben großen Gasthöfen und Gebäuden mit 30
den herrlichsten Geschäftsläden erblickt man stattliche Paläste. Sie sind
teils von ausländischen Gesandten bewohnt, teils sind sie Dienstgebäude
preußischer Minister*. Am Ende der Straße gelangen wir zu dem
ehernen Reiterstandbild Friedrichs des Großen, das der berühmte Bild¬
hauer Rauch geschaffen hat. Hoch zu Roß, umgeben von den hervor-35
ragendsten Helden seiner siegreichen Schlachten und den bedeutendsten
Männern seiner Zeit, schaut der „Alte Fritz" im Krönungsmantel und
dreieckigen Hut, den bekannten Krückstock an den Arm gehängt, nach