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28. Der Knabe und das Vogelnest.
Da hab’ ich es, das Hänflingsnest!
Nun ist mir's endlich doch gelungen:
Das ganze Nestchen mit vier Jungen! -
Ja, sträubt euch nur, ich halt’ euch fest.
Doch! hör' ich nicht der Eltern Paar
Mich klagend um Erbarmung flehen?
Wie? sollt’ ich diesen Raub begehen?
Ich bin kein Wüt’rich kein Barbar.
Wie oft hat mich nicht ihr Gesang,
Lag ich im Grase dort gestrecket,
Zu sanfter Fröhlichkeit erwecket,
Und dieses wäre nun mein Dank?
Ich riß ihr armes Häuschen ab,
Das sie nach Gastrecht mir vertrauet,
Von Moos und Stroh sich selbst gebauet,
Zu dem ich nicht ein Hälmchen gab.
Wenn eine räuberische Hand
Mich meinen Eltern nun entrisssen,
Was würden da für Thränen fließen!
Wie jammervoll wär’ unser Stand!
Nein, liebe Sänger, bleibt in Ruh'!
Hier habt ihr eure Kinder wieder:
Vervielfacht singt ihr eure Lieder
Mir dann aufs nächste Frühjahr zu.
29. Wo wohnt der liebe Gott?
Wo wohnt der liebe Gott?
Sieh dort den blauen Himmel an,
Wie fest er steht so lange Zeit,
Sich wölbt fo hoch, sich streckt so weit,
Daß ihn kein Mensch erfassen kann;
Und sieh der Sterne goldnen Schein,
Gleich als viel tausend Fensterlein: