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Der Ruf Pipin's verbreitete sich weithin; selbst auswärtige
Fürsten suchten seine Freundschaft. Der griechische Kaiser Son¬
st antinusCoprony mos schickte ihm eine Orgel zum Geschenke.
Man staunte dieses Meisterstück an und konnte seinen Bau nicht
begreifen; denn Niemand im Frankenreiche verstand bis dahin die
Kunst, eine Orgel zu bauen. Die damaligen Schriftsteller er¬
zählen voll Verwunderung: Diese Maschine habe bald das Rollen
des Donners, bald das süße Getöne einer Flöte nachgeahmt;
und eine Frau, die sie zum ersten Male gehört, sei vor Schrecken
in Ohnmacht gefallen und bald darauf gestorben.
15. Karl der Große (768—814).
8eme Rriege.
Auf den großen Vater folgte sein noch größerer Sohn Karl.
Anfänglich regierte er mit seinem Bruder Karlmann gemein¬
schaftlich ; als dieser aber schon nach drei Jahren starb, trat er
an die Spitze des ganzen Reiches, das sich von Bayern bis an
die Alpen und Pyrenäen erstreckte. Unter ihm erreichte das
durch die Thaten seiner Ahnherren verherrlichte Frankenreich die
höchste Blüthe, wie einst das macedonische unter Philipp's gro¬
ßem Sohne Alexander. Durch die Gewalt der Waffen war eS
gegründet worden, nur durch sie konnte es auch erhalten und
erweitert werden. Denn ringsumher war es von kriegerischen
Nachbaren umlagert, die oft in wilden Schwärmen unter schreck¬
lichen Verheerungen hereinbrachen und ihm den Untergang dro-
hetcn. Wir werden deshalb Karl fast unaufhörlich auf dem
Schlachtfelde, bald in diesem, bald in jenem Theile Europas,
erblicken. In den sechs und vierzig Jahren, welche er regierte,
ruhete nur ein Jahr sein blutiges Schlachtschwert.
Die empörungssüchtigen Aquitanier im südwestlichen
Theile Galliens, geheime Bundesgenossen der Araber im benach¬
barten Spanien, waren die ersten, an welchen Karl sein Schwert
versuchte. Sie wurden so schnell besiegt als überrascht.