66
den furchtbaren Karl auch außer der Schlacht zu sehen. Freund¬
lichst von ihm eingeladen, erschien der unter steten Kämpfen be¬
reits grau gewordene Held im Geleite Albion's und anderer
sächsischer Häuptlinge im Frankenlagcr und wurde von Karl
ehrenvoll empfangen. Er gelobte Christ zu werden und ließ
sich wirklich das Jahr darauf zu Attigny im Frankenreiche taufen.
Karl selbst war Pathe. > Der alte Löwe des Nordens beugte wie
ein Lamm seinen Nacken unter das sanfte Joch des Christenthumes.
Unbeschreiblich war Karl's Freude über Wittekind's Be¬
kehrung. In ihm glaubte er ganz Sachsen gewonnen zu haben.
Sogleich sandte er Gesandte mit der frohen Botschaft nach Rom
und ließ den Papst zugleich ersuchen, in allen Kirchen ein Dank-
fest zu feiern. - Und wirklich blieb Wittekind dem Christenthume
unverbrüchlich treu und ward ein eben so eifriger Beförderer
desselben, als er früher der grimmigste Feind gewesen war. Bon
nun an hätte er fein Leben eben so gern für Christus hinge¬
geben, als er es früher für seine Götzen gewagt hatte. Seinem
Beispiele folgten die meisten Sachsen und ließen sich taufen.
Von allen Seiten kehrten nun die geflüchteten Priester zurück
und richteten überall, wo das fränkische Schwert den Weg ge¬
bahnt hatte, das Kreuz Christi wieder auf. Unter den Segnungen
des Christenthumes blühetc das schöne Sachsenland zu einem
kräftigen Wohlstände empor.
21. Karl's Krieg gegen Thassilo, Herzog von Bayern (788).
Nachdem Karl sich hier Ruhe erkämpft hatte, zog er aus, auch
andere Theile seines Reiches zu sichern. In Bayern, über welches
sich die fränkischen Könige als Ueberwinder dieses Landes die Ober¬
herrschaft anmaßten, herrschte damals Thassilo, der Schwieger-»
söhn des Desiderius. Dieser wollte den Frankenkönig nicht als
feinen Herrn anerkennen. Als aber Karl drei Heere gegen den
kühnen Herzog anrücken ließ, gab dieser der Uebermacht nach. Karl
verfuhr aber doch großmüthig; er begnügte sich, ihn auf'S Neue
zur Huldigung zu zwingen und entzog ihm sein Herzogthum nicht.