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den ganzen Zustand der Provinz an den König Bericht zu er¬
statten. Selbst die lleinen Angelegenheiten seines Hauses ließ er
nicht unbeachtet. Er durchsah mit der größten Genauigkeit die
Rechnungen seiner Verwalter über Ausgabe und Einnahme. Wir
haben noch eine Anweisung übrig, welche er für diese entworfen
hat. Er bestimmte darin ganz genau, gleich einem erfahrenen
Landwirthe, wie Butter, Käse, Honig und Wachs bereitet, wie
Wein gekeltert, Bier gebrauet, wie viel Eier, wie viel Gänse,
Enten und Hühner verkauft werden sollten.
Eine bestimmte Residenz hatte Karl nicht. Er war bald
hier, bald dort, am liebsten jedoch zu Aachen, Nymwegen und
Ingelheim bei Mainz. Die warmen Bäder zu Aachen, die schon
die alten Römer kannten, schätzte er vorzüglich und ließ sie sehr
erweitern.
Karl war ein ächt deutscher Mann, von starkem Körperbau
und schlanker Gestalt. Er hatte eine hohe klare Stirn und
überaus große lebendige Augen, die dem Freunde und Hülfe-
bittenden freundlich, dem Feinde aber furchtbar leuchteten. In
früher Jugend übte er nach Frankenart seine Körperkraft und
wurde der beste Fechter und beste Schwimmer. Ein Hauptver-
gnügen war die Jagd, und wenn er seinem Hofe ein Fest be¬
reiten wollte, wurde eine Treibjagd angestellt. Alles setzte sich
zu Pferde, und dann ging cs unter dem Klange der Hörner und
dem Gebelle unzähliger Hunde im lärmenden Jubel hinaus in
die Weite der Wälder, wo die Blüthe der jungen Edelmünner
sich dann durch Muth und Geschicklichkeit einander zu übertreffen
suchte. Karl, mitten unter ihnen, bestand manchen heißen Kampf
mit wilden Ebern, Bären und Auerochsen. Im Essen und Trin¬
ken war er sehr mäßig. Speisete er mit den Seinigen allein,
so kamen nur vier Schüssel auf den Tisch. Ein Wildprctbraten,
am Spieße vom Jäger zur Tafel gebracht, war seine Licblings-
speise. Sein Schlaf war nur kurz. Selbst des Nachts stand
er mehrmals von seinem Lager auf, nahm Schrcivtafel und
Griffel, um sich in der in seiner Jugend versäumten Schrcibkunst