Full text: Deutsche Geschichte von der Thronbesteigung Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

340 Achter Zeitraum. Bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches. 
Mächte störe" (6. Juli). Damit mar ber Sturm in Paris ent- 
fesselt. Die Volksvertretung jubelte ber Regierung zu, unb bie Zeitungen 
erhoben ein milbes Kriegsgeschrei. 
Am 9. Juli erschien ber französische Botschafter Graf Benebetti 
beim Könige Wilhelm, ber im Babe Ems weilte, unb verlangte, er solle 
bem Prinzen ben Befehl erteilen, auf bie spanische Krone zu verzichten. 
Der König weigerte sich, ba ber Prinz in seinen Entschließungen ganz frei 
sei. Dieser zog barauf feine Thronbewerbung zurück. Doch 
Benebetti mußte jetzt im Austrage feiner Regierung von bem Könige bie 
Erklärung verlangen, er werbe niemals mehr feine Einwilligung geben, 
wenn ber Prinz wieber als Bewerber auftreten sollte. Wilhelm I. wies 
biefes breifte Ansinnen, bas auf eine Demütigung Preußens be¬ 
rechnet war, zurück unb lehnte es ab, mit bem Botschafter noch weiter 
über bie Angelegenheit zu verhanbeln 1 (13. Juli). 
c) Die französische Mobilmachung und Kriegserklärung. Am 
14. Juli beschloß ber französische Ministerrat bie Einberufung ber 
Reserven. Tags barauf würbe bie Volksvertretung hiervon in Kenntnis 
gefetzt mit ber Begrünbung, baß ber König von Preußen Frankreich 
beleibigt habe. Stürmischer Beifall begleitete bie Reben ber Minister; 
der vereinzelte Wiberfpruch würbe niedergeschrieen unb bie geforberte Kriegs¬ 
anleihe fast einstimmig bewilligt. Lärmende Volkshaufen durchzogen die 
Straßen und schrieen: „Nach Berlin, nach Berlin!" Die so lange unter- 
drückte Marseillaise, ber Schlachtgesang ber ersten Revolution, würbe 
überall angestimmt unb bei Tag unb bei Nacht gesungen. Eine blinbe 
Siegeszuversicht hatte wie ein Taumel bas französische Volk ergriffen. 
Am 19. Juli würbe bie Kriegserklärung in Berlin überreicht. 
d) Die einmütige Erhebung Deutschlands. Die französische Regie- 
ruug hatte fest darauf gerechnet, daß Deutschland uneinig sein werde. Doch 
einmütig, wie kaum jemals zuvor, erhoben sich der Norden und der Süden 
zu gemeinsamer Abwehr des französischen Übermutes. Nachdem König 
Wilhelm wie in einem Triumphzug nach Berlin zurückgekehrt war, befahl 
er sofort bie Mobilmachung ber Streitkräfte bes Norbbeutschen 
Bunb es (15. Juli). Fast gleichzeitig setzten auch bie Beherrscher ber 
sübbeutschen Staaten ihre Truppen auf Kriegsfuß, um sie gemäß 
den Bündnisverträgen des Jahres 1866 unter ben Oberbefehl bes Königs 
von Preußen zu stellen. Immer höher stiegen jetzt bie Wogen ber Be- 
i «Benebetti redete den König auf dem Spaziergange an. Die Stelle der Be- 
gegnung wird jetzt durch einen Stein bezeichnet mit der Inschrift: „13. Juli 1870, 
9 Uhr 10 Min. morgens."
	        
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