Erste Periode.
Von Auguftus bis auf Odoaker und Romulus Auguftulus, oder
von dem ersten römischen Kaiser bis zum Untergange des west¬
römischen Reiches.
Vom I. 30 v. Chr. — 476 n. Chr.
I. Germanien oder Deutschland.
§. 1. Die alten Deutschen.
Wir beginnen diesen neuen Abschnitt mit der Schilderung eines Volkes,
welches in der bisher verfolgten Erzählung schon mehrere Male in verhäng-
nißvollen Momenten mit wunderbarer Kraft auf dem Schauplatz der
Historie erschienen ist; eines Volkes, auf das wir stolz zu sein alle Ur¬
sache haben, ich meine das edle Geschlecht unserer Stammväter, der
alten Germanen.
Unter den verschiedenen Völkerstämmen, welche schon in der vorgeschicht¬
lichen Zeit aus dem Innern Asiens, dieser Wiege der Völker, in Europa
eingewandert waren, sind es besonders vier Stämme, die nach Sprache,
Sitte, Körperbildung und Lebensweise in nächster Verwandtschaft zu ein¬
ander stehen, und sich, wenigstens in Betreff der Sprache, zu den alten
Indern als Bruderstämme verhalten, mit denen sie sich nebst andern Völker¬
stämmen der frühsten Weltperiode von einem gemeinsamen Urvolk mögen
abgelöst haben. Es sind dies 1) die Kelten oder Celten, von denen
schon früher in den Kämpfen mit Spanien die Rede war; 2) die eigent¬
lichen Germanen, mit welchen die Römer unter Marius uud Catulus
zusammeustießen; 3) die Aesten oder Aestuer an der Bernsteinküste der
Ostsee; 4) die Slaven im Nordwesten Europa's, hinter den wolchons-
kischen Waldhöhen.
Von den ersten drei Völkerstämmen, welchen Mitteleuropa zum Wohn¬
sitz zusiel, war der germanische der vorzüglichste und begabteste. .Sein
uralter Wohnsitz erstreckte sich vom Jura, den Vogesen und der Maas an
bis zur Weichsel, und von der Donau bis zur Nord- und Ostsee, ja über
dieselbe hinaus, bis auf den größten Theil der scandinavischen Halbinsel.