Die Geographie der Lebewesen. 335—
es ein Irrtum, wenn man glaubt, daß in ihnen Niederschläge überhaupt
fehlen. Gelegentlich kommen sogar Überschwemmungen vor, und die starken
Erosionswirkungen, die man in vielen Wüsten findet, deuten ebenfalls auf eine
stärkere Tätigkeit des Wassers hin. Im übrigen sind reine Sand- und Kies—
wüsten, bei denen jede Spur von Vegetation fehlt, eine große Seltenheit.
Wenn somit zwischen Wüsten und Steppen keine scharfen Grenzen zu ziehen
sind, so gibt es auch zwischen Wald und Steppe keine scharfe Scheidungslinie; die
für die afrikanische Steppe gebrauchten Namen (Baum-, Busch- und Wald—
savannen) deuten die Art dieses UÜbergangs an. Die Tundra in ihrer
Doppelform als Moos- und Flechtentundra ist an diejenigen arktischen Klima—
gebiete gebunden, in denen während des Sommers der Boden einige Zentimeter
oberflächlich auftaut, während er in größerer Tiefe dauernd gefroren bleibt.
Daher können hier nur Pflanzen mit wenig in den Boden eindringenden
Wurzeln kümmerlich gedeihen; Holzgewächse sind hier ausgeschlossen. Auch
zwischen der Waldzone der gemäßigten Breiten und der arktischen Tundra gibt
es mannigfaltige Übergangsformen.
Bestimme nach dem Atlas die Lage der wichtigsten Vegetationsgebiete
und gib die klimatischen Ursachen dafür an!
4. Wichtige Verbreitungsgebiete von Landtiergruppen. Die Tier—
welt ist in ihrer Verbreitung weniger abhängig von den klimatischen Haupt—
zonen der Erde wie das Reich der Pflanzen, so daß für sie die Aufstellung
von ähnlich bedingten Hauptverbreitungsgebieten unmöglich ist. Für die
jeweilige Verbreitung von Tiergruppen in den einzelnen erdgeschichtlichen
Perioden spielen Wanderungen eine Hauptrolle, die ihrerseits wieder
beeinflußt werden durch die Gruͤndtatsachen der Verteilung von
Wasser und Land und die Anordnung der Oberflächenformen
auf dem Festlande.
Die Untersuchungen über die Verbreitungsgebiete der Landtiere stecken
noch in ihren Anfängen. Nur für die Säugetiere ist es gelungen, ihre
heutige räumliche Verteilung in ursächlichen Zusammenhang
zu bringen einmal mit der geologischen Entwicklung der
Festlandsmassen, das andere Mal mit den Ausgangspunkten
und den Wegen ihrer Verbreitung.
Eigentliche Säugetiere treten erst seit dem Tertiär auf. Von drei Haupt—
bildungsherden aus (Australien, Südamerika, Alte Welt-Nordamerika)
haben sich unter der Einwirkung einer Gliedernng des Festlandes in Nord—
und Süderdteile die Landsäugetiere ausgebreilet. Am frühesten erhielten
Australien und Südamerika eine selbständige Entwicklung. Die Abgliederung
beider von ihrer Nachbarschaft: dort vom südöstlichen Asien, hier von Antarktika
und damit von Australien und Neuseeland, muß schon zu Beginn der Tertiärzeit
erfolgt sein. So entwickelten sich in Australien als einzige endemische
Säugetiere die Beuteltiere, in Südamerika aber die sogenannten Zahn—
armen (Faultier, Ameisenbär, Gürteltier), Beutelratten, zahlreiche Nager und
besondere Affenarten, welche sich durch ihre breite Nase und den verbreiterten
Greifschwanz auffällig von den altweltlichen Gattungen unterscheiden. In der
ältesten Tertiärzeit bildete Nordamerika mit der gesamten Alten Welt ein ein—
heitliches Verbreitungsgebiet, löste sich aber in mitteltertiärer Zeit ab und
erhielt im jüngsten Tertiär seine Verbindung mit Südamerika. So erklärt
sich die große Ähnlichkeit der nordamerikanischen Säugetierfaund mit der alt—