36 Das Deutsche Reich des Mittelalters. § 16.
tapfrer als Konrad, jetzt Herzog von Lothringen, des Königs Eidam. Auch
er hatte früher, wie Lindolf und Heinrich, gegen den König gestanden,
und nun glaubte er die Stunde gekommen, die große Schuld durch große
Verdienste zu sühnen. Wo die Franken einHieben, zerstoben die Ungarn.
Es war ein Kampf und ein Sieg ohnegleichen; aber Konrad fiel. Als
er erschöpft von der Arbeit des Streites die Helmbänder lüftete, um auf-
zuatmen, traf ihn ein Pfeil in die Kehle. So war sein Wunsch erfüllt,
für König und Vaterland den Tod des Helden zu sterben; die schwere
Schuld hat er mit dem höchsten Preise bezahlt.
Ottos Sieg auf dem Lechfelde befreite nicht nur das Deutsche Reich,
sondern ganz Europa von den Plünderungszügen der Ungarn, die sich
durch ein halbes Jahrhundert hingezogen hatten. Darum wurde dieser
Sieg mit unaussprechlichem Jubel begrüßt, und mehr als irgend ein andrer
Erfolg hat dieser dazu beigetragen, Otto in seiner königlichen Macht zu
befestigen und ihm den Weg zum Kaiserthrone zu bahnen.
6. Andre Kämpfe Ottos. Die Wenden zwischen Elbe und Oder
waren auf die Nachricht von Heinrichs I. Tod abgefallen. Otto unter¬
warf sie wieder. Die Polen erkannten die deutsche Oberhoheit an, und
die Böhmen zahlten Tribut. Die Dänen hielten Frieden und bekehrten
sich zum Ehristentume. Die Lombardei, die unter den letzten Karolingern
selbständig geworden war, eroberte er und vereinigte sie wieder mit dem
Deutschen Reiche.
7. Kaiserkrönung. Im Jahre 962 empfing Otto I. in Rom die
abendländische Kaiserkrone, die seitdem bis zum Untergange des alten
Deutschen Reiches im Jahre 1806 mit der deutschen Königskrone vereinigt
geblieben ist.
8. Ottos Sinnesart. Die eiserne Willenskraft, die Otto fchon in
seiner Jugend zeigte, hat er bis an sein Ende bewahrt. Treu blieb ihm
das Streben nach großen, würdigen Taten und erfüllte noch am Abend
seines Lebens seine Seele mit Jngendkrast. Und auch die andern hohen
Tugenden, die man schon am Jünglinge pries, felsenfeste Treue gegen
Freunde, Großmut gegen gedemütigte Feinde, blieben ein Schmuck seines
Alters. Niemals gedachte er wieder eines Vergehens, wenn er es einmal
verziehen hatte. Groß als Mensch und groß als Kaiser steht er in der
Deutschen Geschichte. Der Beiname des Großen bleibt ihm unbestritten.
Einundsechzig Jahre hat er erreicht; von 936 bis 973 dauerte seine Re¬
gierung. Im Dome zu Magdeburg ruht seine Leiche. Seine Grabschrift
lautet:
„Dreifach beklaget die Welt, den hier der Marmor umschließet,
Zierde der Kirche und Fürst, Deutschlands herrlichster Ruhm."