Full text: [Geschichte des Mittelalters] (Theil 2)

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„Bei der Sonne und ihrem Schimmer! 
Bei dem Mond, der ihr folget immer! 
Bei dem Tag, der sie zeigt in vollem Glanz! 
Bei der Nacht, die sie verfinstert ganz! 
Bei den Himmeln und dem, der sie gemacht! 
Bei der Erde und dem, der sie schuf eben! 
Bei der Seele und dem, der sie in's Gleichgewicht gebracht! 
Bei dem, der ihr das Bewußtsein des Guten und Bösen gegeben! 
Selig wer seine Seele reinigt! 
Wer dieselbe verdunkelt, wird auf ewig gepeinigt." 
Sura 84 die Zerbrechung. 
Wenn das Firmament zerbricht, 
Und seinem Herrn gehorcht aus Pflicht, 
Wenn die Erde, sich dehnend, sich an Todten erbricht, 
Und ihrem Herrn gehorcht aus Pflicht; 
O Mensch, dann eilest du zu deinem Herrn und findest ihn. 
Wenn das Buch wird in die Rechte gegeben, 
Dem wird leicht die Rechenschaft. 
Er kehrt zu seiner Familie mit freudigem Leben. 
Wem aber das Buch auf den Rücken wird gegeben, 
Ruft die Verzweiflung an. 
Ihn trifft des ewigen Feuers Brand. 
Er führte mit seiner Familie fröhliches Leben, 
Er meinte nicht, er würde zum Herrn zurückkehren, doch der Herr sah ihn an. 
In den Zeiten des Chalifats sank die arabische Poesie von ihrem 
kühnen Flug zurück; einestheils durch die Pracht und Gewalt eines glän¬ 
zenden Hofes, welchem sich begreiflicher Weise eine Schaar von Lob- und 
Gelegenheitsdichtern anschloß, anderntheils auch durch die Neigung der 
Araber zu grammatikalischen Spielereien und Spitzfindigkeiten, welche sie 
nicht selten den lebendigen Gedanken der kunstreichen, oder vielmehr der 
verkünstelten Form opfern ließ. Jedoch zählt auch die nachmuhamedanische 
Zeit noch große und wirkliche Dichter, unter welchen Mutanabbi, 
Tophrai, Asmai, Meidani, vor allen aber der Makamendichter 
Hariri, die bedeutendsten sind. Ein großartig liebliches undunsterbliches 
Zeugniß des arabischen poetischen Genius ist uns in der Sammlung der 
Märchen von tausend und einer Nacht geblieben. Welche Kinder¬ 
seele haben diese Dichtungen nicht mit ihrem magischen Glanz entzückt; 
welcher Erwachsene freut sich nicht ihres quellenden Reichthums der Phan¬ 
tasie und der tiefen Weisheit in dem Gewände des lieblich-harmlosen 
Spieles! — An diese Märchen schließt sich die Fabelsammlung, welche 
unter dem Namen Lokman bekannt ist, so wie die Fabeln des Bidpai. 
Reicher und blühender aber als selbst in Arabien hat die Poesie in 
Persien sich entwickelt und in den Zeitraum vom 10. —14. Jahrhundert 
fällt der Glanzpunkt ihrer Erhebung. Der berühmte Orientalist Hammer-
	        
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