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Sommer.
Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen. Zu dem sollte es sagen:
„Töpfchen, koche!" so kochte es guten, süßen Hirsebrei; und wenn es
sagte: „Töpfchen, steh!" so hörte es wieder aus zu kochen. Das Mädchen
brachte den Tops seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut
und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei, so oft sie wollten.
Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen; da sprach die Mutter:
„Töpfchen, koche!" da kocht es, und sie ißt sich satt. Nun will sie, daß
das Töpfchen wieder aufhören soll; aber sie weiß das Wort nicht. Also
kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht
immer zu, die Küche und das ganze Haus voll und dann die Straße,
als wollt's die ganze Welt satt machen, und es ist die größte Not,
und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein
einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim und spricht nur:
„Töpfchen, steh!" da steht es und hört ans zu kochen. Und wer wieder
in die Stadt wollte, der mußte sich durchessen. Brüder Grimm.
8ll. Luisens Ausgang.
Vier Wochen hatte die arme Luise krank gelegen, und erst seit
zwei Tagen durfte sie außer dem Bette sein.
Heute sollte das Kind nach den langen vier Wochen zum ersten¬
mal wieder in den Garten; — der Tag war heiter und die Lust warm
und mild.
Von ihren Eltern geführt, ging sie matt und langsam dem Garten
zu; aber sie war auch traurig und still.
„Warum so still, Kind?" fragte die Mutter. „Du hast dich ja
lange nach dem Garten gesehnt und freust dich doch jetzt nicht."
„Mutter, ich kann nicht!" antwortete Luise. „Ach, meine schönen
Levkojen und Nelken werden wohl alle verdorrt sein! Es hat sie ja
niemand gewartet!"
Das Kind kommt in den Garten, kommt an ihr Beet und erstaunt
und freut sich. Das Beet war rein von allem Unkraut; die Nelken
und Levkojen standen in voller Blüte, und die erstern waren an kleinen
Stäben sorgfältig aufgebunden; kein Pflänzchen war vertrocknet, keines
war eingegangen: man sah es noch, daß sie frisch behackt und begossen
waren.
„O ihr schönen Blumen!" rief Luise; „wer hat euch gewartet?"
— Sie sieht den Vater an und die Mutter. — Vater und Mutter
lächeln.
„Vater, du?" fragt das Kind. Der Vater sagt: „Nein!"
„Aber du, Mutter?" — „Auch nicht!"
Aber nicht weit von ihr steht Wilhelm, Luisens Bruder; seine
Augen glänzen vor Freude, und sein Entzücken kann er nicht verbergen.