fullscreen: Deutsches Lesebuch für höhere Handels- und Realschulen

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Die Nama und Buschmänner unterscheiden sich scharf durch den ab— 
weichenden Kulturbesitz und die gänzlich verschiedenen körperlichen Merk— 
male, namentlich durch den Gegensatz der Körpergröße und der Fußge⸗ 
stalt. Die Buschmänner hausen in Höhlen und fristen ein armseliges 
Jägerleben, stellen jedoch mit erfinderischem Unternehmungssinne dem Wild 
nach und haben auf den Felsen ihrer alten Jagdgründe Zeichnungen 
zurückgelassen, die bei aller Einfachheit feine Beobachtung verraten. Viel 
wichtiger sind die Nama. Sie waren früher ein starkes, wohlhabendes 
Hirtenvolk, sind indes mit der Zeit sehr heruntergekommen und allem 
Anschein nach dem Aussterben preisgegeben. Die ledergelbe Haut neigt 
zur Runzelbildung, die Gliedmaßen sind auffallend schwach ausgebildet, 
und die Falten verleihen im Verein mit den dicken Lippen des breiten 
Mundes, der stumpfen Nase und den zusammengekniffenen Augen dem 
Gesicht einen sonderbaren, mürrischen Ausdruck. Die büschelartig ver⸗ 
filzten Kopfhaare stehen nicht dicht nebeneinander, sondern lassen gleich 
den Grasbüscheln der heimatlichen Steppe den kahlen Boden zwischen 
sich frei, und somit gewähren die Pfefferköpfe, wie man die Hottentotten 
wegen ihrer eigenartigen Haarbildung spottweise genannt hat, einen das 
Schönheitsgefühl nicht gerade befriedigenden Anblick. Bezüglich der geisti⸗ 
gen Eigenschaften muß man die Nama als ein verhältnismäßig hoch⸗ 
stehendes Volk bezeichnen. Im Erkennen menschlicher und tierischer 
Spuren, im Durchspähen des Geländes, im Reiten und Schießen, in der 
Musik, in Fell- und Lederarbeiten leisten sie Außerordentliches. Leider sind 
sie sehr unreinlich, neigen stark zur Trunksucht und Hinterlist und sind 
so faul, daß sich jeder echte Hottentotte von dem fortwährenden Liegen 
auf dem Boden die Haare am Hinterkopfe durchgescheuert hat. Nur die 
bitterste Not treibt sie zur Arbeit. Noch lieber greifen die Nama in 
ihrer Bedrängnis zum Räuberhandwerk, wobei sie es vor allem auf die 
Rinderherden der Herero absahen. Zu Beginn der deutschen Herrschaft 
war die Feindschaft zwischen beiden Stämmen aufs höchste gestiegen, 
und die Brandschatzungen der Hottentotten nahmen einen immer be— 
drohlicheren Umfang an, zumal sich ein kühner Namahäuptling, Hendrik 
Witbooi, an die Spitze einer starken, wohl organisierten Räuberbande 
stellte. Von den 12 Stämmen, in welche die Hottentotten des Schutz⸗ 
gebietes zerfallen, sind fünf erst im Laufe dieses Jahrhunderts aus dem
	        
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