Der Bund im Rütli.
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Schrecken vernahm die Bäckerin, wen sie so übel behandelt habe;
sie eilte in die Hofburg und bat um Gnade. Rudolph bestrafte
-sie zur großen Belustigung der Tischgesellschaft damit, daß sie
alle ihre Schmähreden wiederholen mußte.
Von den Bösen gefürchtet, von den Guten geliebt, beherrschte
Rudolph achtzehn Jahre lang das deutsche Reich. Sein Tod
wurde tief betrauert. Er starb den 15. Heumonat 1291 zu
Germersheim auf einer Reise nach Speier.
^ Der Wund im NüUi.
1307.
An das vielgestaltige Becken des Vierwaldstättersees in
Helvetien oder der Schweiz stoßen drei kleine Landschaften, Uri,
Schwyz und Unterwalden, welche den ersten Grund zum
Schweizerbunde gelegt haben und deßhalb die Urkantone heißen.
Erft gegen das Ende des Mittelalters treten sie in das Bereich
der Geschichte. Ihre Bewohner lebten, abgesondert von der
Welt, still und friedlich von ihren Heerden und dem geringen Er¬
trage des Ackerbaus in glücklicher Freiheit, niemand Unterthan
als dem Herrn, der in allen deutschen Landen gebot. Sie ent¬
richteten an den Kaiser die Reichssteuer und leisteten die pflicht¬
mäßige Heeressolge.
Jeder der drei Orte regierte sich selbst nach alten Gebräu¬
chen und Satzungen; doch waren sie in frühen Zeiten schon zum
Schutze ihrer Freiheit verbunden. Der Boden war als Lehen
oder Eigenthum unter die Adeligen und Freien des Landes ver¬
theilt; aber in der Volksversammlung oder Landsgemeinde,
vor welche alle wichtigen Fragen in Kriegs - und Friedenszeiten
zur Entscheidung gebracht werden mußten, hatten selbst die eige¬
nen Leute ihre Stimme. Zur Würde eines Landammanns,
der ersten im Staate, welche jedoch alljährlich wechselte, konnten
nur Leute von freiem Stande gelangen. Das Gericht über Leben
und Tod, der Blutbann, ward einem benachbarten Grafen