184 Geschichte der Römer II.
Leib, und rief auS: ^Hierher! denn dieser Ort hat einem
„Ungeheuer das Leben gegeben." Nachdem, sie die Mörder
mit mehreren Wunden getödet hatten, ließen sie sie auf
ihrem Ruhebette zurück, und statteten dem Nero von der
That Bericht ab. Den folgenden Tag rechtfertigte dieser
sein Verhalten gegen den Senat, welcher dieses abscheuliche
Verbrechen nicht allein entschuldigte, sondern Dankseste we¬
gen der Rettung des Kaisers anstellte.
Nachdem nun Nero alle Schutzwehren der Tugend
niedergerissen hatte, so ließ ev jetzt seinen unnatürlichen
Lüsten «nd unmenschlichen Begierden den vollen Lauf. Er
zeigte einen seltsamen Kontrast in seiner Gemüthsart;
denn zu eben der Zeit, da er Grausamkeiten ausübte,
welche die Seele mit Schaudern erfüllten, liebte er doch
die schönen Künste, die daö Herz zu sanfteren Empfin¬
dungen Kimmen. Er übte sich von Kindheit an in der
Musik, und war nicht ganz unwissend in der Dichtkunst.
Aber Wagenrennen war sein Lieblingsvergnügen. An¬
fänglich übte er diese Kunst in einer dazu eingerichteten,
Md verschlossenen Renbbahn, aber bald trat er öffentlich
aus, bestieg selbst den Wagen und lenkte die Rosse. Ver¬
geblich suchten Seneca, und Burrhus diese unwürdige Lei¬
denschaft zu zügeln; der Beyfall der Zuschauer war ihm
so schmeichelhaft, daß er jetzt versuchte, auch als Sänger,
und Zitherspieler auf der ScAubühne um das Lob des Pö¬
bels zu buhlen. Sein erster öffentlicher Austritt war in
Spielen, die er selbst angeordnet hatte, und JuvenaleS
«rannte, er begleitete selbst seine Stimme mit der Zither,
Md spielte mit vielem Scheine des Anstandes. Centurio¬
nen und Tribunen standen auf der Bühne hinter ihm,
und neben ihm Burrhus sein Erzieher, mit der Miene des
Unmuthö gegen seinen entarteten Zögling und Lobsprüchen
auf den Lippen.
Nun wünschte er auch als Dichter auftutreten; aber
er wollte sich ' nicht gerne di« Mühe geben, die man an¬
wenden muß, um in dieser Kunst zu glänzen, und sogleich
als vollendeter Dichter erscheinen. Er ließ zu diesem Zwecke
einige Menschen rufen, um zusammengeklaubte Bruch-