2S6 Don d. Rechten «. Pflichten ter Unterthanen
XII.
Von den Rechten und Pflichten der Unter¬
thanen in wohleingerichteten
Staaten.
Kinder find, so lange fie In dem Hanse Ihrer Eltern
leben, diesen Gehorsam schuldig, d. h. sie dürfen nicht
thun, was ihnen gut dünkt, oder in den Ginn kommt,
sondern sie müssen thun, was ihre Eltern wollen, und
was diese ihnen befehlen oder gebieten. Wenn sie aber
erwachsen sind, und eine Kunst, oder ein Handwerk,
oder eine Wissenschaft erlernt haben, wodurch sie sich
ihren Unterhalt erwerben können, so gehören sie nicht
mehr bloß zur häuslichen, sondern auch zur bürger¬
lichen Gesellschaft, und müssen, als Mitglieder
derselben, den Gesetzen gehorchen, welche in ihrem Da-
terlande gelten; diese Gesetze heißen Landesgesetze,
weil sie nicht für einige Menschen, sondern für alle
Einwohner de- ganzen Landes gemacht find, und weit
sie von ihnen allen befolgt werden sollen, damit Ord¬
nung, Ruhe und Sicherheit in dem Lande herrsche.
Es gab nicht immer so viel Menschen auf der Er¬
de, als fetzt, und die Menschen lebten auch ehemals
nicht in Städten, Dörfern und Ländern gesellschaftlich
beieinander, sondern wohnten zerstreut, in schlechte«
Hütten. Damals gehorchten die Mitglieder einer Fa¬
milie dem Hausvater, und es gab keine Könige, keine
Fürsten und Obrigkeiten unter den Menschen; keiner
war mehr als der andere, denn alle bauten das Feld,
hüteten ihr Vieh, und nährten sich von den Früchten
des Feldes, und von der Milch ihrer Heerden. Nach
und nach vermehrten sich aber die Bewohner der Er-