42
II. Erzählungen
amen Kamnrer ganz nildn liegen, ohne ihn zu warten und zu
pflegen; das jammert mich sehr, und ich möchte wohl den ar¬
men kranken Niklas recht oft besuchen, wenn du es erlauben
wolltest. Sehr gern, mein Sohn, antwortete die Mutter,
denn es ist recht gut, daß Freunde sich einaneer in der
Noth beistehen, aber sei auch dabei vorsichtig, und erkundige
dich zuvor, ob die Krankheit deines Freundes nicht ansteckend,
und für dich also keine Gefahr dabei zu besorgen ist. Sor
gleich lief Hartmann hin, um sich zu erkundigen; und brachte
die Nachricht, daß die Krankheit nicht ansteckend sei. Nun
ging er alle Tage zu seinem kranken Freunde, saß stundenlang
an seinem Bette, hotte alles herbei, was er bedurfte, und
brachte sogar einige Stunden des Nachts bei ihm zu. Als
Niklas sich wieder erholte, las ihm Hartmann auS guten Bü,
lyern Etwas vor, und brachte ihm stärkende Speisen, welche
er sich von seiner guten Mutter erbeten hatte. Einer seiner
Mitschüler sagte einst zu ihm: du bist doch ein rechter Thor,
daß du Stundenlang bei dem kranken Niklas sitzest; ich wür¬
de mich dafür bedanken. Würde es dir nicht sehr wohl ge¬
fallen, antwortete Hartmann, wenn du krank und von allen
Menschen verlassen wärest, und ein Freund nehme sich deiner
an, spräche dir Trost zu und pflegte dich?
Niklas wurde bald wieder gesund, und dankte seinem
Freunde Hartmann mit inniger Rührung für seinen liebrei¬
chen Beistand. Wie wollte ich mich freuen, sagte er, wenn ich
dir auch wieder etwas zu Liebe thun könnte, guter Hartmann ;
aber ich bin arm, und weiß auch nicht, womit ich dir eine Freu¬
de machen kann. Nach einiger Zeit kam Hartmann eines Ta¬
ges in sein kleines Gärtchen, welches er sich auf dem Hofe
selbst angelegt und eingerichtet hatte. Wie erstaunte er, als er
alles Unkraut ausgerauft, die kleinen Beete sorgfältig umge¬
graben, geharkt und mir schönen Blumen besetzt fand. Er konn¬
te gar nicht begreifen, wie das zugegangen war, denn noch den
Abend zuvor war er in seinem Gärtchen gewesen. Anfangs
dachte er, seine Aeltern hätten ihm dies Vergnügen gemacht;
aber weder sie, noch die Leute im Hause wussten Etwas dar
von. Endlich erfuhr Hartmann von seinen Nachbar, daß der
dankbare Niklas die Blumen früh am Morgen gebracht und
eingesetzt habe. Seit dieser Zeit lebten Beide in der herzlichsten
Freundschaft, und hätten wohl ihr Leben für einander gelas¬
sen, wenn sie jemals in diesen Fall gekommen wären.