Full text: Der deutsche Kinderfreund

zur Beförderung guter Gesinnungen k, 67 
ster uud drohend an. Bist du heute in meinem Keller 
gewesen? Hast du zwei Flaschen aus dem Keller wegge¬ 
tragen? Das alles konnte Ewald nicht leugnen, aber 
als ihm nun geradezu Schuld gegeben ward, daß er die 
gcstohlnen Flaschen Wein weggenommen habe, versicherte 
er ohne Furcht, daß er unschuldig sey, und rechtfertigte 
sich auch wirklich. Er erzählte nämlich, daß er Herne 
für seine Mutter zwei Flaschen Bier geholt, uud diese 
in den Keller bei Seite gesetzt habe, um einem Schul¬ 
kameraden, der einen schweren Korb zu tragen hatte, 
uud ihn nicht mehr allein fortbringen konnte, zu Hülfe 
zu kommen; als er wieder zurück gekommen sey, habe 
ihn ein großer Junge geneckt und verfolgt, bis er den 
Keller erreicht habe. Als er nun wieder herausgekom¬ 
men wäre, hätte er sich schüchtern umgesehen, ob sich 
der böse Junge nicht etwa wo versteckt habe. Herr Müller 
erkundigte sich bei Ewalds Mutter, und fand diese 
Umstände alle vollkommen richtig. Nun that cs ihm 
sehr leid, daß er den ehrlichen uud dienstfertigen Ewald 
in einem so bösen Verdacht gehabt hatte. Um ihn für 
dieses erlittene Unrecht zu entschädigen, schenkte er ihm 
einige ganz neue Kleidungsstücke; seinem Sohne aber 
gab er die Lehre: sey künftig behutsamer und hüte dich 
sorgfältig, irgend einem Menschen ohne hinreichende 
Gründe'etwas so VöseS, wie Diebstahl ijt, zuzutrauen; 
denn du hast jetzt die Erfahrung gemacht, wie leicht der 
Schein trügt. 
21. Das neugierige Mädchen. 
Margarethe war als ein höchst neugieriges Mädchen 
bekannt, und schon oft hauen sie ihre Aeltcrn wegen 
ihrer thörichten Neugierde bestraft. So bald sie nur das 
geringste Geräusch auf der Straße hörte, lief sie an das 
Fenster, um zu sehen, was es gäbe; und eines Tages 
machte die heftige Neugierde sie so blind, daß sie mit 
dem Kopf gegen die Fensterscheibe fuhr, und sich sehr be¬ 
schädigte, indem sie nicht einmal bemerkt hatte, daß das 
Fenster zugemacht war. Nicht selten verlor sie auf der 
Strafe ihr Strickzeug, oder was sie eben in der Hand 
dielt, indem sie hastig lief, um zu sehen, weswegen sich 
die Leute versammelten. Beinahe wäre sie einst dabei 
E2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.