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Lehrreiche Erzählungen. 
dorten sie weiter. Es begegnete ihnen ein Mädchen mit 
einem großen Milchtopf und die beyden Bruder hatten 
große Lust den Topf zu zerschlagen; sie baten Otto, er 
möchte sie nicht verrathen. Aber dieser gab zur Antwort: 
Den Augenblick gehe ich zu Cuern Aeltern, wenn Ihr sol¬ 
che Streiche begehen wollet. Sie riefen lachend. Otto Du 
bist ein einfältiger Tropf, daß Du Dir nicht mit uns diesen 
Spaß machen willst. Wir hätten allenfalls dem Mädchen 
Topf und Milch bezahlt. Ihr seyd böse Gesellschafter, 
sagte Otto; wifirJhrEuer Geld nicht besser anzuwenden? 
könnt Ihr dem Mädchen das Schrecken, die Angst und den 
Aerger bezahlen, den Ihr derselben durch Euer Bubenstück 
verursachen wollet? Eure Art sich zu vergnügen taugt 
nichts. Er trennte sich bald von ihnen, und erzählte seinem 
Vater, was vorgefallen war. Dieser freute sich über die 
Standhaftigkeit feines Sohnes, und gab den Aelrern der 
beyden Knaben Nachricht davon, was diese hatten thun 
wollen. Diese betrübten sich sehr und bestraften ihre Kin¬ 
der, wie sie es verdienten. 
§. 2y. 
Verachte keinen Stand. 
6l In eine gewisse Stadtschule gingen auch Kinder vom 
Lande. Indeß die Kinder aus der Stadt bilderen sich im¬ 
mer ein, sie wären besser als die Kinder der Landleute, 
aber die Kinder aus den Dörfern schimpften auch wieder 
auf die Kinder der Bürger und es kam fast bis zu Schlä¬ 
gen. Der Lehrer erfuhr es und stellte ihnen ihre TiMrheit 
recht nachdrücklich vor. Ihr seyd, sprach er« noch alle 
Kinder lind wißt noch gar nicht, welchem Stande Ihr künf¬ 
tig angehören wekdet. Vielleicht freuet sich einst manches 
Kind aus der Stadt, daß es fein gutes Auskommen auf 
dem Lande findet, und manches Kind vom Lande hat viel¬ 
leicht einst seinen Unterhalt in der Stadt. Mir ist das 
fleißigste-und gesittetste Kind das liebste, es sey, von wel¬ 
chem Stande es wolle. Wir sind alle Menschen, Gott hat 
uns allcuwschaffen und will uns alle beglücken. Denkt 
einmal Mstw wenn sich kein Mensch mehr zu den Arbei¬ 
ten und Bekufsarten verstehen wollte, welche gewöhnlich 
die Menschen verächtlich ansehen, in welche Verlegenheit 
würden wir kommen 1 
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