Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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bestimmte und von mir erwartete Ständlein kommt, so hilft alles Flicken nichts; es 
muß doch einmal gestorben sein; und selig sind die Todten, die in dem Herrn ster¬ 
ben. Unsere Bürgerschaft ist im Himmel." Zu seiner Gemahlin sagte er: Wenn das 
erwartete Ständlein kommt, so singet mit einander: „Mit Fried und Freud fahr 
ich dahin!" Er entschlief am 28. December 1568. Im Chor der Stiftskirche zu 
Tübingen ruhen seine Gebeine. 
Christophs Namen trägt noch das von ihm angelegte Eisenwerk Christophsthal 
bei Frendenftadt; sein Gedächtniß lebt fort in den vielen trefflichen Anstalten und 
Einrichtungen, die das Vaterland ihm verdankt, und in dem Herzen jedes biedern 
Wärttembergers, der etwas von seinen Verdiensten weiß. Damit aber jeder davon 
wisse, stehet es hier geschrieben. 
178. Johannes Drenz, -er Reformator Württembergs. 
(i 1570.) " - 
Gleich nach Luthers Tod brach der Krieg aus, denn der Kaiser Karl 
wollte die evangelische Kirche unterdrücken. Er war auch anfangs glücklich, 
nahm den Kurfürsten von Sachsen und den Landgrafen von Hessen gefangen 
und plagte nun die Evangelischen in Deutschland durch das Interim, eine Zwi¬ 
schenreligion, aus römischen und lutherischen Lehren zusammengesetzt; allein 
der Kurfürst Moritz von Sachsen brachte ihn so in die Enge, daß er durch den 
PaffauerVertrag (1552) und durch den Neligionsfrieden zu Augsburg (1555) 
den Evangelischen volle Glaubensfreiheit gestalten mußte. 
Ein Bild von der großen Verwirrung und dem Druck, welchen die Evan¬ 
gelischen um diese Zeit erfahren mußten, sehen wir in der Geschichte des Refor¬ 
mators von Württemberg, Johann Brenz. Dieser war geboren in Weil der 
Stadt, im Jahr 1199, und wurde später evangelischer Prediger in der schwäbi¬ 
schen Reichsstadt Hall. Als der Kaiser mit seinen Truppen daselbst einrückte 
(im Dec. 1516), ging Brenz dem Anführer entgegen, um für sein Haus die 
gewöhnliche Befreiung von Einquartierung zu erbitten, und befahl den Seini- 
gen, das Haus indessen wohl zu verschließen. Allein die Spanier umringten 
es, klopften mit ihren Hellebarden ungestüm an die Thüre und begehrten Ein¬ 
laß. Brenz kam dazu; einer der Soldaten setzte ihm die Hellebarde auf die 
Brust und drohte, ihn zu durchbohren, wenn nicht sogleich geöffnet werde. 
Brenz that auf, setzte ihnen zu essen und zu trinken vor, verbarg indessen seine 
Papiere, flüchtete seine Familie, entfernte sich selbst und überließ den Solda¬ 
ten das Haus samtAUem, was darin war. Am nächsten Tag kam ein spani¬ 
scher Bischof, jagte die Soldaten aus dem Hause, quartierte sich selbst ein, 
durchsuchte die Bücher und fand einige Briefe, die sich auf den Krieg bezogen, 
und die Brenz nicht verbrannt hatte. Da nun überdies bekannt wurde, Brenz 
habe die Bürger öfters ermahnt, ihren Glauben muthig zu vertheidigen, so er¬ 
ging der Befehl, ihn zu verhaften. Er flüchtete sich auf einen hohen Thurm, 
wo er verborgen lag, bis es ihm gelang, verkleidet aus der Stadt zu entkom¬ 
men. In schlechten Kleidern durchirrte er in einer kalten Winternacht die be¬ 
nachbarten Wälder, und kehrte erst nach Abzug der kaiserlichen Truppen in 
seine rein ausgeplünderte Wohnung zurück. Im Jahr 1518 schickte der kaiser¬ 
liche Minister Eranvella einen Abgeordneten nach Hall, uni ihm den Brenz
	        
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