3
hinaus. Die Schneeflocken fallen immer dichter und dichter; die
Kinder deuten aber: „Wir werden wohl gut hinkommen." Denn
sie haben bald den halben Weg zurückgelegt, und wenn sie durch
jenen Tannenwald gekommen sind und den Berg erstiegen haben,
der da vor ihnen liegt, so können sie schon das Dorf sehen, in
welchem die Gevatterin wohnt. Aber als sie nun oben auf der
Höhe und mitten im Walde sind, da wird das Schneegestöber so
stark, das; die armen Kinder gar keinen Weg mehr sehen und nicht
mehr vor- noch rückwärts können. Da drängen sie sich in eine
kleine Höhle hinein, die der Schnee am Rande eines Hohlweges
über ein Tannengebüsch gebaut hat; vorher aber stecken sie ihre
beiden Spinnrocken in einander, so daß eine kleine Stange daraus
wird, und oben daran binden sie ein rothes Tüchlcin, nub dann
stellen sie dies Nothzeichen oben ans das Dach ihres Schnechäus-
ldins. — Es wird endlich Nacht, und das Schneegestöber wird im¬
mer ärger. Der Eingang der Höhle ist bald zugeschneit, und
der Sturm brauset und der Uhu schreit. Da mag es den Kindern
wohl bange genug geworden sein. Aber der liebe -Gott schützt die
Kleinen vor wilden Thieren und dem Erfrieren. Sie haben sich
eng an einander gedrängt und schlafen zuletzt ein.
Ihre Eltern schlafen zu Hause auch ganz ruhig; denn sie den¬
ken, die Kinder sind bei der Gevatterin gut aufgehoben. Am an¬
dern Morgen schicken sie einen Boten aus, der soll die Mädchen
wieder-holen. Da der sie aber bei der Gevatterin nicht findet,
geht sogleich alles, was taufen kann, mit Schaufeln in den Wald,
um die' Kinder zu suchen. Da sehen die Leute denn das Nothzei¬
chen der Kinder mit dem rothen Tüchlein noch ein wenig ans dem
Schnee hervorstehe», und sie denken sich gleich, daß auch die Kinder
nicht weit davon sein können. Sie rufen und schreien. Die aber
drinnen in der dunkeln Kammer hören das Rufen und antworten
draus, versuchen anet) zugleich sich mit den Händen herauszuarbei¬
ten. Das wäre nun freilich schwerlich möglich gewesen; denn der
ganze Hohlweg war in der Nacht zugeweht, und es lag ein großer
Haufen Schnee um die Mädchen herum. Aber die Männer hatten
den Laut der Kinder gehört und arbeiteten mit ihren Schaufeln den
Schnee weg.. Es war gut, daß die Tannenbäumlein das schwere
Dach von Schnee noch so getragen hatten, sonst wären die Kinder
erstickt.
5. Bei Gott ist Weisheit, Rath und Verstand.
Im Morgenlande kam ein frommer Mann des Abends vor
eine Stadt, deren Thore bereits verschlossen waren, Niemand
wollte sie ihm öffnen; hungrig und durstig mußte er unter freiem
Himmel übernachten. Er sprach: „Was Gott-schickt, das ist gut",
und legte sich nieder. Neben ihm stand sein Esel und zu seiner
Seite eine brennende Laterne um der Unsicherheit willen in derscl-
bigen Gegend. Ein Sturm kam und löschte das Licht aus. „Was