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der Liebe und Dankbarkeit floss auf die Gräber
der entschlummerten Geliebten.
Reinheit und Unschuld des Herzens verbrei¬
teten einen milden Schein über Mathildens ganzes
Leben. Die Freuden, die fle genoss, wurden
durch das Gefühl ihrer innern Güte gewürzt; die
Leiden, von denen sie auch nicht ganz frei blieb,
durch das Bewusstsein ihrer Unschuld gemildert.
Und so lebte fle, von Gott und Menschen geliebt,
ein schönes Leben. —
Selig find, die reines Herzens find,
denn sie werden Gott schauen. Matth. 5, 5.
61. Die würdige Coniirmandinn.
Dorothea war der Liebling ihrer Eltern und
Geschwister, ihres Lehrers, ihrer Mitschülerinnen,
und aller derer, die fle kannten. Diess verdankte
fle ihrer liebenswürdigen Sanftheit, ihrer unver¬
stellten Freundlichkeit und Herzensgüte, und ei¬
nem gewissen Fittigen Betragen, das man den
Schmuck des Mädchens nennen kann. Jetzt nahte
die Zeit heran, dass fle die Schule verlassen und
confirmirt werden sollte. Mit stiller Rührung sahe
fle diesem feierlichen Tage entgegen. Die Erin¬
nerung an die vielen Freuden, die fle in der Schule
genossen, an die mannichfaltigen Kenntnisse, die
fle da eingesammelt hatte, an das wichtige Be¬
kenntniß, das fle jetzt ablegen sollte: alles dieses
gab ihrem ganzen Wesen eine gewisse Feierlich¬
keit und Wehmuth. Statt dass andere Mädchen
fleh nur mit ihrem Putze beschäftigten, womit sie
an diesem Tage glänzen, und lieh über andere er¬
heben wollten, überdachte fle in der Stille die
heiligen Lehren der christlichen Religion, ihre
Wahrheit, ihren Sinn, ihre Hoffnungen. Kaum
war der Tag ihrer Conflrmalion angebrochen, so
stand sie von ihrem Lager auf. Ihr frommes Herz
ergoss sich in lauten Dank zu dem Unsichtbaren,
aber überall Gegenwärtigen, für die guten Eltern