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er mit siebzehn Jahren in der Schloßkapelle zu Charlottenburg sein Glau— 
bensbekenntnis ab, trat ein Jahr darauf in den wirklichen Militärdienst und 
bezog dann auf mehrere Jahre die rheinische Hochschule zu Bonn. Die 
folgenden Jahre gehörten dem Kriegsdienste, dem Siudium auf der Kriegs⸗ 
schule, der Leitung immer größerer Heeresteile und der Einführung in die 
Regierungsgeschäfte. 
Im Januar 1858 schloß er seinen Ehebund mit der Prinzessin Viktoria 
von England, welche ihm länger als dreißig Jahre eine treue Lebensgefährtin 
gewesen ist. Acht Kinder umgaben im Laufe der Jahre das erlauchte Ellern— 
paar, welches den Winter im Palais unter den Linden in Berlin, den 
Sommer im Neuen Palais bei Potsdam zu verleben pflegte. Zwei Knaben 
sind in jugendlichem Alter dem Vater in den Tod voraufgegangen, zwei 
Söhne und vier Töchter haben ihn überlebt. 
Mit dem Jahre 1861, als König Wilhelm seinem Bruder nachfolgte, 
15 wurde Prinz Friedrich Wilhelm Kronprinz von Preußen, und bald riefen ihn 
die von seinem Vater geführten Kriege mehr als bisher vor die Augen der 
Welt. Schon in dem Feldzuge gegen Dänemark 1864 nahm er, ohne den 
Werbefehl zu führen, an allen kriegerischen Ereignissen teil. Im Kriege gegen 
Osterreich 1866 führte er die II., die Schlesische Armee. Wie der geringste 
Wehrmann harrte er im Felde aus, während ihm und der tiefgebeugten Mutter 
daheim in eben diesen Tagen das jüngste Söhnlein entrissen würde. Das 
thatkräftige Eingreifen seiner Armee nach schwerem, langem Marsche entschied 
die Schlacht von Königgrätz. Im französischen Kriege 1870 stand er an der 
Spitze der III. Armee, zu welcher auch die süddeutschen Truppen, Bayern, 
Württemberger und Badener, gehörten. Er führte sie zu den Siegen von 
Weißenburg und Wörth und half wesentlich mit zum Gelingen der großen 
Umzingelung des französischen Heeres bei Sedan. Zugleich aber gewann er 
durch seine leutselige Herablassung und durch sein freundliches, gemütvolles 
Wesen die Herzen der Süddeutschen. Begeistert hingen sie dem norddeutschen 
Königssohne an, und bald hieß er bei ihnen wie in Preußen „Unser Frih“. 
Auf diese Weise hat er wesentlich dazu beigetragen, daß über der Waffen— 
brüderschaft von Nord und Süd das Deutsche Kaisertum in Versailles konnte 
aufgerichtet werden. Als Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen 
und als Generalfeldmarschall kehrte er aus dem Kriege zurück. Die Inspektion 
35 über die süddeutschen Truppen behielt er dauernd. 
So hatte er an seinem Teile das Reich erbauen helfen, das er künftig 
beherrschen sollte. Eine mannigfaltige Thätigkeit erfüllle auch die folgenden 
ruhigeren Jahre des Friedens; regelmäßige Inspektivnen der Truppen, zahl— 
reiche Reisen an befreundete Höfe im Auftrage des greisen, kaiserlichen Valers, 
40 das Protektorat über die Königlichen Museen, wie über eine große Zahl von 
Vereinen, Anstalten, Ausstellungen u. dgl. mehr. 
Schon erblühten ihm aus der Ehe seines Sohnes Wilhelm mit der Prin⸗ 
zessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein vier Enkel. In vier gleich— 
zeitig lebenden Geschlechtern sah man den Hohenzollernthron gesichert, wie kaum 
je einen Thron der Erde. Der Kronprinz selbst, fast zu dem Alter gereift, in 
welchem vormals sein Vater den Thron bestieg, schien wie wenig andere vor 
ihm für das Herrscheramt vorbereitet. Aber Gott hatte es anders beschlossen.
	        
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