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sollte, raucht er seine Pfeife, und dabei muß ihm sein
Vater den Taback kaufen, denn er selbst verdient noch
nichts. Und wie oft ist schon durch das Tabackrauchen
Feuer entstanden! Folglich laß du lieber das Rauchen.
Du siehst also, wie wahr der Inhalt des kleinen Verses
ist, den du zu Anfang sagtest. WaS willst du denn
aber daraus lernen?
Karl. Daß ich mich an nichts gewöhne, wa-
nicht mit meinem Stande, mit meiner Gesundheit und
mit dem Wohlseyn meines Vaterlandes bestehen kann.
Vater. Und woran willst du dich denn gewöhnen?
Karl. Ich will mich zur Mäßigkeit gewöhnen.
Vater. WaS verstehst du unter dem Worte Mä¬
ßigkeit? -
Karl. Die Enthaltung von allem Unnöthigen
und Ueberflüssigen.
Vater. Dann wirst du aber zeitlebens trockne-
Brod essen und Wasser trinken müssen.
Karl. Ich glaube nicht, wenn ich etwa- ange¬
nehmeres habe. Nur muß ich mein Herz nicht so daran
hangen, daß ich durch dessen Ermangelung gleich un¬
glücklich werde.
Vater. Wohin paßt sich nun der Begrifffvon
Mäßigkeit am besten, bei Brod und Wasser oder bei
Vorrath an kostbaren Speisen und Getränken?!
Karl. Ohnstreitig bei dem letzter«. Denn bei dem,
was nicht zur Unmäßigkeit reizt, ist man von selbst ge¬
neigt, mäßig zu seyn.
Vater. Also Mäßigkeit besitzt derjenige, der nicht
allein Enthaltsamkeit des Unnöthigen, sondern auch,
wenn er Gelegenheit dazu hat, deS Ueberflüssigen zu
üben sich gewöhnt, und den also seine Sinnlichkeit in
keinem Stücke beherrscht.
Halte Maaß in allen Dingen! denn auch das Er¬
laubte wird schädlich durch Uebermaaß.
144. Der gewissenlose Wittwer.
Ein wittwer hatte zwei Kinder, und wollte wie¬
der keirathen, aber keine andere, als eine reiche
Braut. Endlich fand er eine, die ihn mit der
Bedingung nehmen wollte, wenn er hundert Thaler