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der Schwindsucht — Folge seiner schändlichen Le¬
bensweise! Ein Arzt, der ein Freund seines ge¬
wesenen Herrn war, und diese Kranken - Anstalt
auf einer Durchreise besuchte, fand ihn da kurz
vor seinem Tode. Er wurde ihn nicht erkannt
haben, wenn nicht der Elende selbst ihn angeredet
und ihm, unter Vergiessung vieler Thränen, diese
Umstände seiner Lebensgeschichte mitgetheilt hätte.
Dies ist die traurige Geschichte eines Trun¬
kenboldes — und wie unzählige mag es geben, die
ein ähnliches Schicksal gehabt haben, oder denen es
noch bevorsteht, wenn sie nicht bei Zeiten um*
Jeehren und Herr ihrer Leidenschaften werden!
161. Selbstprüfung.
(Ein Gespräch.)
Äer Schüler. Was Heißt denn das recht eigentlich,
lieber Lehrer, sich selbst prüfen?
Der Lehrer. Sage mir erst, ob du wissen kannst,
Gvas recht und unrecht ist?
Schüler. Ja, das kann ich wissen. Denn ich
weiß, was Gott geboten und verboten hat, und ich
kann dieses und die Befehle der Obrigkeit hören, lesen
und be -alten.
Ll hrer. Wenn du also das weißt, so hast du ein
Gewissen; oder in dir ist ein Bewußtseyn dessen, was
recht und unrecht ist. Was hilft dir aber dieses Ge¬
wissen ?
Schüler. Daß ich mich vor unrechten Handlun¬
gen büten kann.
Lehrer. Wie würdest du dich wohl vor unrechten
Handlungen am besten hüten können?
Schüler. Wenn ich mir keine bösen Gedanken er¬
laubte. '
Lel rer. Wer sich nun selbst prüfen, oder über
seinen L'kelenzustand zu richtiger Erkenntniß kommen
wollte, wäre es da genug, wenn er nur sich fragte:
Was habe ich heute Böses gethan? Oder müßte er
sich nicht auch billig fragen: Was habe ich heute für
Gedanken, Absichten und Vorsätze gehabt?