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162. Der Herr und der Gärtner, oder der
* Gebrauch der Bibel.
Oer Herr. Viele Jahre schon suchte ich auf die¬
sem Baume Früchte, doch umsonst. Haue ihn
also nur um! Was hindert er das Land?
Der Gärtner. Lieber Herr» ich bitte für
ihn, lasst ihn noch ein Jahr stehen. Ich will
noch an ihm das Aeusserste versuchen; wenn es
dann nicht hilft, so werde er abgehauen.
Luc. 15, 7-9.
163* Anwendung des Gelesenen in einem
Gebet. ,
>- Herr Jesu! du Freund der Menschen, lebtest,
lehrtest und starbst zu ihrem Besten,, und noch
jetzt bittest du für die unwürdigen, sündigen Men¬
schen, dass ihnen Zeit gelassen werde, die Absicht
ihres Schöpfers zu erfüllen und Früchte zu brin¬
gen. Auch ich habe wohl .oft die Erwartungen
des Gärtners getauscht, dass ich gute Früchte tra¬
gen sollte; du aber hast für mich gebeten, wie je¬
ner Gärtner für den Baum, der keine Früchte
trug; dennoch bin ich nicht abgehauen. — So
will ich denn nun auch gute Früchte bringen! Bei
diesen Thränen des Dankes und der Liehe gelobe
ich, meine Kräfte hinfort nicht mehr zum Dienst
der Ungerechtigkeit und Thorheit zu gebrauchen,
sondern von dir zu lernen, wie ich gute Früchte
des Geistes bringe, damit deine Gnade an mir
nicht verloren sey. Amen.
164. Von der Seligkeit
Einstmals fragte Ludwig seinen Vater, was denn bas
heißet in den Himmel kommen, oder selig werden? Und
scm Vater elehrte ihn darüber folgendermaßen:
„Die Seligkeit, nach welcher du fragst.." sprach er,
„ist erst nach deut Tode möglich. Denn sie ist der Zu-
„stand eines stets wahrenden Wohlseyns. In diesem