Das Königreich Italien. 227
aus, eine vulkanische Region mit zahlreichen, zum Teil wassererfüllten Kratern und
dem 1538 entstandenen Monte Nuovo.
In der Verlängerung der beiden Halbinseln, welche den Golf von Neapel um¬
fassen, liegt nördlich die vulkanische, jüngst durch einen furchtbaren Erdstoß zum Teil
verheerte Insel Jschia, südlich Capri mit altrömischen Ruinen und der Blauen
Grotte.
Die Ostküste SUditaliens (Apuliens) erscheint zwischen dem Busen von
Manfredonia und dem Kap di Leuca mit einer beträchtlichen Zahl betriebsamer
Städte besetzt. Die größte ist Bari. Das aufstrebende Brindisi, mit gutem
Hafen, ist wichtig als Endpunkt der großen ostitalischen Küstenbahn, welche die
rascheste Verbindung zwischen dem Suezkanal und Westeuropa herstellt.
Die Insel Sizilien (Trinakria, „die Dreispitzige"), die größte und wich¬
tigste Insel im Mittelmeere, war schon im Altertume ihrer Fruchtbarkeit wegen
berühmt und der Zankapfel der seefahrenden Nationen. Auch jetzt erblickt man
dort noch unabsehbare gelbe Getreidefelder, aber der größte Teil des fruchtbarsten
Landes ist verwildert, die Wälder sind verschwunden und die meisten Flußbette
liegen im Sommer trocken. Vollständig angebaut sind die Niederungen längs
der Meeresküste und hier gewinnt man Weiu und Olivenöl in Fülle, es gedeihen
Baumwollstaude und Zuckerrohr und die herrlichsten Südfrüchte. Auf der Nord¬
küste liegt Palermo (250 000 Einwohner) mit prachtvollem Hafen, der bereits
die Aufmerksamkeit der Phöniker auf sich gezogen. Die schön gelegene Stadt
hat durch den Stil der hervorragenderen Gebäude und die in ihrer Umgebung
wachsenden Dattelpalmen einen etwas orientalischen Charakter. Messina
(130 000 Einwohner), an der gleichnamigen Straße, mit ausgezeichnetem, durch
eine fingerförmig gekrümmte Felszunge gebildetem Hafen, treibt bedeutenden Handel
mit Südfrüchten. Catania (100 000 Einwohner), die freundlichste, aber
keineswegs gesundeste Stadt Siziliens, südlich vom Ätna, dessen Lavamassen (und
Erdbeben) wiederholt furchtbare Verwüstungen anrichteten, hat ansehnliche Seiden¬
industrie.
Der Ätna, der größte Vulkan Europas, steigt als ungeheurer, flacher Kegel völlig
isoliert aus der Ebene empor. Ein gewaltiger, halbkreisförmiger Absturz, der gegen
das Meer hin geöffnet ist, läßt das aus Lavaschichten bestehende Innere' des Berges
erkennen. Dieser Kessel (Val bei Bove) ist wahrscheinlich der Rest des ursprünglichen
Kraters. Der jetzige Krater liegt westlich aus einem Aschenkegel, ber über bas Gipfel-
plateau aussteigt. Die Basis bes Ätna ist mit zahlreichen kleinen Eruptionskegeln
besetzt, welche meistens verheerenbe Lavaströme geliefert haben. Die untere Region
an ben Abhängen bes Berges bis zu einer Höhe von circa 1000 m, ist außerorbentlich
fruchtbar (besonbers weinreich) unb durch zahlreiche Ortschaften belebt. Ans sie folgt
(bis 1800 m Höhe) die mittlere ober Walbregion, unten mit Platanen unb Kastanien¬
bäumen, oben mit Fichten unb Buchen bestauben, aber von Lavaströmen verwüstet.
Uber ihr erstreckt sich bie öbe ober Schneeregion, zum Teil mit Eis (bas einen be¬
deutenden Hanbelsartikel tobet) bebeckt. Vom Gipsel des Ätna (3300 m hoch) hat
mein etne großartige Aussicht aus Sizilien und das unabsehbare Meer; bei Sonnen¬
ausgang ist die Spitze des Berges schon vergoldet, währenb Sizilien noch in Nacht liegt.
3n der Nähe von Girgenti (an der 8-Küste der Insel) befinden sich die
großartigsten Tempelruinen des Altertums; aber der ehemalige Glanz der Stadt
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