Full text: Der neue Kinderfreund

71. Vom Nutzen der Obrigkeit, 
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einem Dorfe wohnten vier ordentliche oder solche, 
die Ordnung und Recht liebten, und zwölf unordentliche 
Wirthe, d. h. solche, die sich nach nichts, als nach ih¬ 
rem eigenen Willen richten wollten, und zum allgemei¬ 
nen Besten nichts beitragen mochten. An dem Felde 
dieses Dorfs floß ein kleiner Fluß, der bei hohem Was¬ 
ser oft die Damme durchbrach, und durch Ueberschwem- 
mung Aecker und Wiesen beschädigte. Die vier ordent¬ 
lichen Wirthe dämmten und thaten ihr Mögliches; aber 
es war für fie zu viel Arbeit; denn die zwölf unordent¬ 
lichen wollten nicht helfen, und lieber auS Eigensinn 
Schaden leiden, als den andern behülftich seyn. In 
ihrem Dorfe war es so morastig und tief, daß im Win¬ 
ter ihr Vieh stecken blieb, und keiner ohne Mühe und 
Schaden den Dünger vom Hofe bringen konnte. Die 
vier erdenklichen Wirthe sagten oft: „Laßt uns alle hel- 
„fcn und daö Dorf mit Feldsteinen pflastern." Die 
zwölf unordentlichen aber wollten nicht, sondern nahmen 
allerlei andere Dinge vor, und der Ackerbau war ihre 
geringste Sorge. Es war viel entlegener schlechter Acker 
bei dem Dorfe, und das Dorf hatte wenig Holz, denn 
cs war von jeher schlecht damit hausgehalten worden. 
„Laßt uns Schonungen machen," sprachen die ordent¬ 
lichen, „und Holzsamen darein säen, und das Vieh hü- 
„ten, daß es das junge Holz nicht abfrißt, bevor es groß 
„wird, so haben doch wenigstens unsere Kinder Holz zu 
„erwarten." „Das wäre uns eben recht," sprachen die 
unordentlichen, „jetzt jagen wir unsere Pferpe aus dem 
„Dorfe und laßen sie laufen, wohin sie wollen; alsdann 
„müßten wir ja dies unterlassen." Kurz, sie hielten in 
allem Guten das Widerspiel. Endlich bekam dieses Dorff 
eine ordentliche Obrigkeit; da ward cs anders. Die 
Rechtschaffenen wurden gelobt und geschützt, die andern 
mußten sich Ordnung und Recht gefallen lassen, und die 
Widerspenstigen wurden gestraft. 
Gott regiert die Menschen durch Obrigkeiten. Die 
Obrigkeit ist von Gott verordnet. Eie strafet die Bösen 
und ist der Frommen Schutz und Beistand. 
Jedermann sey also willig Unterthan der Obrigkeit, 
die Gewalt über ihn hat. Rom, ich 1. rc.
	        
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