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77. Der Prediger und die Zuhörer.
5(n einem gewissen Orte war ein Prediger, über dessen
Predigten die Zuhörer oft einschliefen, weswegen er denn
fast in jeder Predigt seinen Unwillen bezeigte. Disser
Prediger starb. Sein Nachfolger bemerkte die böse Ge¬
wohnheit mit Betrübniß. Er ließ die Schläfer zn sich
kommen, und stellte ihnen die Unnützlichkeit auch der be¬
sten Predigt, für nicht zuhörende oder gar schlafende
Menschen, vor; ingleichen das böse Beispiel, welches sie
ihren Kindern daniit gaben. „Ach, lieber Herr Predi-
„ger" antworteten die Leute, „es thut uns recht leid,
„daß wir schlafen, aber wir können es nicht lassen.
„Kaun: sitzen wir eine Weile da und wollen recht zuhd-
„ren, so ist cs, als wenn uns etwas die Augen zudrück¬
te." „Hört, lieben Leute," sagte der Prediger, „wenn
„ihr mir folgen wollt, so sollt ihr der bösen Gewohn-
„heit bald los werden. Steht auf, wenn ihr Mü¬
digkeit merkt, und wer da wacht, der wecke seinen
„einschlafenden Nachbar." Eie folgten ihm, und keiner
schlief fortan mehr in der Kirche.
Gott har die menschliche Natur so eingerichtet, daß
der Mensch dem Reize zum Bosen widerstehen kann,
und wer aus allen Kräften widersteht, dem wird es auch
gelingen.
Lehre, wie man eS machen niuß, das Böse los zu
werden und das Gute zu thun, so wird dein Lehramt
gesegnet seyn. 1 Cor. 6, 11. Tit. 2, 11« 12.
78. Die Zugvögel.
Ä6ilhelms kleiner Sohn, Karl, kam einst zu seinem
Vater, und sprach: „Ich habe heute schon unsere Schwal-
„be gesehen, die immer auf unserm Dache nister, und
„so schon singt."
Vater. Sahest du auch, wie gestern Abend die
Mücken spielten?
Karl. O ja; aber waS hat das mit den Schwal¬
ben zu thun?
Vater. Sehr viel; bee.n die Mücken sind der
Schwalben Nahrung. >
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