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denn del Here ließ nunmehr alles unter Aufsicht für
Lohn, oder von Diensten ausdreschen. Da beschwerten
sich die andern Tagelöhner, die cS wohl gewußt batten,
nur aber des Diebstahls selbst nicht überführt werden
konnten, daß sie darunter leiden müßten. Aber der Herr
antwortete: „Ihr habt cs euch selbst zuzuschreiben; denn
„ihr habt es gewußt und nicht angegeben. Wie kann
„ich euch trauen?"
Machet euch durch Verhehlen oder Verschweigen
nicht theilhaftig fremder Sünden, sondern wehret, sv
viel an euch ist, dadurch, daß ihr selbst kein Unrecht lei¬
det, allem Unrechte.
105. Der Verschwender.
ÄlS einstmals im März die Sonne warm schien, Veil¬
chen blühten und Lerchen sangen, da trat ein Schäfer
vor seine Thür, und sprach zu sich selbst: „Bist du nicht
„ein Thor, daß du den Heuboden so schonst. WaS soll
„dir das Heu? Es wachst alle Tage mehr Gras zu,
„und ist jetzt schon genug da, daß die Schafe leben
„können." Sogleich ging er in den Schafstall und hieb
die Stangen entzwei, worauf das Heu lag, so daß es
in großen Haufen in den Stall siel. Als die Schafe
nach Hause kamen, und die Menge Heu gewahr wur¬
den, suchten sie sich das Beste heraus, und das andere,
welches sie, ordentlich und mäßig vorgelegt, wohl auch
gefressen hätten, das traten sie nun 'unter die Füße.
Aber etwa nach acht Tagen änderte sich die Witterung;
es fror und schneiete gewaltig, die Schafe wußten viele
Tage zu Hause bleiben, und der Schäfer gerieth in Ge¬
fahr, Hungers wegen, seine ganze Schäferei zu verlieren.
Spare in der Zeit, so hast du in der Noth.
Sir. 32, 24.
106. Der Geizige, als der größte Thor.
^laus hatte Geld genug, aber er fürchtete sich, eS an¬
zuwenden, auch wenn es zu seinem eigenen Vesten ge¬
reichte. Unter andern war sein Ofen so schadhaft, daß
er neu gesetzt werden mußte, und cs ward ihm oft ge¬
sagt, daß, wenn er einsiele, das Feuer Schaden thun