100. Die Kleinigkeit.
war leichtsinnig, und nahm nicht gern gute Leh¬
ren an. Einst hatte er an einem schwülen Tage sich
im Laufen sehr erhitzt. Ein kühler Gewitterregen er¬
folgte, und nun stellte sich Kunz, der seinen Rock aus¬
gezogen hatte, unter den Thorweg in die Zugluft. Sein
Herr warnte ihn vor der unausbleiblichen Erkältung;
über Kunz meinte: das wäre eine Kleinigkeit für ihn, —
er könne alles vertragen. Den Abend hatte er schon
den Schnupfen, und war so heiser, daß er nicht laut
reden konnte. Sein verständiger Herr wollte ihn nun
viel warmen Fliederblumenthee trinken und früh zu Bet¬
te gehen lassen, damit durch die hergestellte Ausdün,
siung (denn Erkältung ist nichts anderes, als gehemm¬
te Ausdünstung) die größere Gefahr vermieden würde.
Aber Kunz sprach: der Schnupfen wäre eine Kleinig¬
keit, der Hals würde sich schon von selbst wieder geben,
— und war so wenig dazu zu bewegen, daß er viel¬
mehr noch den Abend ausging und spat nach Hause
kam. Aber am andern Morgen war er auf eine unru¬
hige Nacht trage, und hatte unleidliche Kopfschmerzen.
Nachmittags trat, mit einem Ekel anl Essen, das Fieber
ein; der Hals ward entzündet, und am vierten Tage
starb Kunz an der Bräune oder der Entzündung des
Halses.
Die Erkaltung war also keine Kleinigkeit.
Sir. 31, 26. Sir. 37, 30.
110. Die schädliche Kur.
?uise ward mit dein gewöhnlichen dreitägigen Fieber zu
Ende des Winters befallen. Diese Art Fieber vergeht
aber von selbst, wenn die Ursachen des Fiebers, nänilich
zähe verdorbene Safte, durch Erschütterung des Frostes
erst beweglich gemacht, und dann durch die darauf fol¬
gende Ausdünstung nach der Hitze weggeschafft sind, son¬
derlich bei jungen Leuten. Doch thörichte Rathgeber
vermochten Luisen, daß sie sich durch zu voreiligen Ge¬
brauch stärkender Arzencimittel das Fieber vertreiben ließ.
Nun verging zwar das Fieber; aber Luise ward deswe¬
gen nicht wieder völlig gesund, sondern blieb kränkelnd