Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband])

kam. Es war wie bei einem der farbigen Feste in Venedig oder wie 
bei dem Stapellauf eines großen Seeschiffes. Auch die Bewohner 
von Friedrichshafen waren dabei; denn sie werden es nicht müde, 
mit ihrem Grafen Feste zu feiern. Seit reichlich einem Jahrzehnt 
haben sie ihn dort am Gestade arbeiten sehen, und Neugierde f> 
wurde zur Teilnahme, Teilnahme zur Begeisterung. Es ist ja auch 
sonst für den Ort sehr nützlich, daß gerade hier die neue Zeit 
anfängt, in der man über Berg, Wald und Wasser dahingleitet wie 
über einen Teppich, den Natur und Geschichte gebreitet hat, damit 
das helle, große, glatte Ungeheuer seine richtige Umgebung 10 
finde. 
Unter dem Rufen der Kähne und Schiffe landete also unser 
Motorboot an dem schwimmenden Bretterhaus, diesem Werkstätten¬ 
bahnhof des Luftschiffs. Mit knappem, festem Sprunge war Zeppelin 
als erster oben und sah zu, daß keiner etwa versehentlich ins 15 
Wasser falle. Und nun hinein in die Halle! Da hauste der Wurm 
und lag. Alle Welt kennt seine Gestalt und Farbe; wir aber waren 
nun unmittelbar bei ihm und konnten Material und Mechanismus 
in der Nähe betrachten. Graf Zeppelin eröffnete seine Erklärungen 
mit den Worten: „Sie sehen, meine Herren, wie einfach die ganze 20 
Geschichte ist!“ So spricht der Mann, dem schwere Dinge schlie߬ 
lich als ganz natürlich erscheinen. Er zeigt uns den Aluminium¬ 
bau, spricht darüber, weshalb Aluminium dem Stahl vorzuziehen 
sei, zeigt die Steuerung, die neu eingesetzten Propeller und die 
Anker. Währenddessen wird noch dies und das gearbeitet, der 25 
Graf grüßt seine Leute. Die Halle selbst ist ein beachtlicher Bau; 
denn groß und weit muß alles sein, was zur Eroberung der Luft 
gehört, ln wohlgeschichteten Haufen liegen die metallenen Behälter 
von Wasserstoff gas, und von draußen dringt glänzender, lockender 
Sonnenschein durch alle Ritzen, als frage er, ob denn nun nicht 30 
alles fertig sei. 
Es wurde eingestiegen. Uns, denen die Mitte zugedacht war, 
führte der Graf durch einen schmalen Gang aus der vorderen 
Gondel unter dem Bauche des Drachens dahin. Der Stuhl war an 
einer Aluminiumstange angebunden. Wir saßen wie auf einem 35 
Balkon und warteten des Rauschens und Brausens. Achtung, Luft¬ 
schiff voran! Es klirrt und klingelt und surrt und brummt, und 
das Fabelwesen rutscht zunächst auf irgend welchen Schienen oder 
Bohlen abwärts, bis wir vor der Halle liegen und alles vom Licht 
übergössen um uns herumwogt — die weißen und bunten Kleider 40 
auf den Kähnen, die Köpfe auf den Dampfschiffen, die blauen 
Wellen, die Bäume am Ufer, das Königsschloß und die Wolken. 
Leise aber hebt sich unser Platz. Wir zwar merken nur, daß alle
	        
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