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Deutsche Kunst im 16. Jahrhundert.
Tüchlein und Pergamente" gedacht, die man in Schreinen und Läden auf¬
bewahrte. Aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts kommen gedruckte
Blätter, Holzschnitte, Kupferstiche, Kalender, Karten u. dgl. vor, die un¬
zweifelhafte Spuren an sich tragen, daß sie an Thüren angeklebt und so
zur fortwährenden Ergötzung des Blickes ausgestellt gewesen sind. Aus
der Mitte des Jahrhunderts wenigstens sind Bilder unter Glas und Rah¬
men vorhanden. Gegen Ende desselben war es allgemein gebräuchlich,
eingerahmte Bilder auf den Gesimsen der Zimmervertäfelungen aufzustellen,
und die vielen gestochenen Landschaften, Allegorien u. f. w. aus den Werk¬
stätten der Sadeler und an¬
derer zeigen noch, welchem
Geschmacke man damals bei
solchen Zimmerverzierungen
huldigte. — Keine Zeit liebte
es aber mehr, als die in Rede
stehende, Bücher mit soge¬
nannten Illustrationen zu ver¬
sehen. Die ersten Meister der
Zeit, selbst Dürer, Holbein,
Cranach, Bnrgkmair nicht aus¬
genommen, gaben sich zu die¬
sen Arbeiten her und adelten
sie durch ihre vortrefflichen
Leistungen. Vor allen ist es
Jost Amman, der Druckwerke
mit bildlichem Schmuck versah
und damals so beliebt war,
wie in unserer Zeit Ludwig
Richter, dem er an Verdienst
gleichkommt, den er aber an
Zahl der Leistungen bei wei¬
tem übertrifft.
Die größere Nachfrage
nach Kunstleistungen, das auch
in den unteren Schichten des
Volkes erwachte Bedürfniß,
sich an solchen zu ergötzen und zu belehren, hieß aber auch auf Mittel
sinnen, diesem Bedürfnisse zu entsprechen und Kunstwerke vielfältiger und
billiger herzustellen, als man es bisher mit Pinfel und Palette vermocht
hatte. Matt gewann für die Kunst dieselben Vorteile, welche der Wissen¬
schaft durch Erfindung der Buchdruckerkunst erwachsen waren, und zwar
durch den Holzschnitt und Kupferstich, die im 15. Jahrhundert schon
bekannt, im 16. sogleich durch den Hauptträger der damaligen Kunst,
A. Dürer, auf eine Höhe der Vollendung gebracht wurden, die sie seitdem
Fig. 14. Dort einem M-ßgewande.
(Roter Sammet, Kruzifix erhaben in Seide'und Gold
gestickt. Germ. Museum in Nürnberg.)