ühland u.f.tü.i Die germanischen Kötter.
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dessen Ursache er sich nicht zu erklären vermochte. Als der Tag anbrach,
ging er dem Orte zu, woher ihm das Geräusch zu kommen schien, und
fand bald einen Riesen, der da lag und furchtbar schnarchte. Jetzt wußte
er, was die Ursache des Brausens gewesen war. Indessen erwachte der
Riese und fuhr zornig auf. „Wer bist du, und wie heißt du?" fragte
Thor, und der ungeschlachte Geselle antwortete: „Ich binSkrpmir; dich
frage ich nicht nach deinem Namen; ich kenne dich, du bist Thor. Aber
wohin hast du meinen Handschuh geschleppt?" Mit diesen Worten hub
er einen ungeheuren Handschuh auf, und Thor erkannte nun, daß das,
was er für ein Haus gehalten hatte, nichts anderes war als der Handschuh
des Riesen, und der Anbau, in den sich seine Gefährten geflüchtet hatten,
der Däumling davon. Skrymir bot sich nun bem Gotte als Neisegenossen
an, schnürte das Bündel, in dem der Mundvorrat enthalten war, mit
einem Stricke zusammen und warf es über seine Schulter. Dann setzten
sie zusammen ihre Reise fort und wanderten bis zum späten Abend, wo
sie unter einer großen Eiche Rast machten. Sogleich warf sich der Riese
auf die Erde, schlief ein und schnarchte bald wieder so mächtig wie in
der Nacht zuvor. Thor aber hatte Hunger und wollte essen; doch trotz
aller seiner Kraft und allen Anstrengungen gelang es ihm nicht, die
Knoten des Strickes zu lösen, mit dem der Riese das Bündel verschnürt
hatte. Darüber ward er zornig und schlug dem Riesen mit seinem
Hammer auf den Kopf. Da erwachte Skrymir und fragte: „Ist mir
ein Blatt auf den Kopf gefallen?" und schlief sofort wieder ein. Thor
ergrimmte und wiederholte den Schlag mit größerer Wucht, und wieder
erwachte der Niese und sagte nur: „Fiel mir eine Eichel auf den Kopf?"
um sogleich wieder in Schlaf zu versinken. Auch ein dritter, noch ge¬
waltigerer Streich, den Thor ihm versetzte, vermochte nicht mehr aus¬
zurichten. Der Niese fuhr sich beim Erwachen ein paarmal mit der
Hand über die Stirn. „Sitzen etwa Vögel über mir auf dem Baum?"
sprach er, und alsbald lag er wieder in tiefem Schlafe. Darüber verging
nun die Nacht; am Morgen verabschiedete sich der Riese von Thor, und
dieser zog mit seinen Gefährten weiter.
Nach einiger Zeit kamen sie an eine Burg, deren Eingang mit
einem Gittertore verschlossen war; vergeblich versuchten sie, dieses zu öffnen,
und waren gezwungen, durch die Eisenstäbe hindurch zu kriechen. So
gelangten sie denn endlich in den Burghof und aus diesem in eine
mächtige offene Halle, in der viele riesige Männer saßen. Einer von ihnen
begrüßte Thor und führte ihn sogleich mit seinen Begleitern vor den
König der Burg. Dieser blickte verächtlich auf Thor und sprach höhnisch
zu ihm: „Ist der kleine Bursch da vor mir Thor? Nun sagt mir,
welche Künste und Fertigkeiten versteht ihr, mit denen ihr euch vor mir
sehen lassen könnt?" Da antwortete Loki: „Keiner kann hurtiger sein,
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