20 Erzählungen aus dem Leben zur Warnung
Des Morgens war es ihr erstes Geschäft, die ganze kleine
Wohnung zu reinigen, die Betten zu machen und frische
Luft in die Stube zu lassen. Wie hätte wol Albert ein
unordentlicher Mensch werden können, da seine Mutter ihm
ein so gutes Beispiel gab! Man sah auch an ihm, wie
gut es ist, wenn Kinder sich früh an Ordnung und Rein¬
lichkeit gewöhnen. So ging Albert z. B. nie mit unge¬
kämmten Haaren, oder schmutzigen Händen in die Schule,
wie leider so manche unordentliche Kinder thun; auch
waren seine Kleider immer rein gebürstet, seine Stiefel ge¬
hörig geputzt und in seinen Schulbüchern fand man keinen
Fleck und kein Ohr. Auch seine schriftlichen Schularbeiten
waren immer nett und rein, so, dass der Lehrer sie mit
besonderem Vergnügen durchsehen konnte. Seinen Hut
oder seine Mütze warf er nie unter den Tisch, und mit
der Tinte ging er immer sehr behutsam um; auch fehlte
es ihm nie an einem Taschentuche. Der reinliche und or¬
dentliche Albert war daher die Freude seiner Ältern und
seiner Lehrer.
6. Der Lügner.
Heinrich wurde von seinem Vater nach dem Posthauft
geschickt, um daselbst einen Brief abzugeben, an welchem
lehr viel gelegen war. Auf dem Wege dahin begegnete ihm
Franz mit einigen anderen Knaben. Franz war ein zänki¬
scher Knabe, und besonders war er mit Heinrich beständig
im Streit; weil dieser eine heftige Gemüthsart hatte, und
also leicht gereizt war. Auch diesmal geriethen sie mitein¬
ander in Streit, weil keiner dem andern aus dem Wege
gehen wollte. In der Hitze des Streits ließ Heinrich den
Brief fallen, trat darauft und beschmutzte ihn dabei so sehr,
dass die Aufstchrift desselben nicht mehr zu lesen und das
Papier durchlöchert war. Was sollte er nun anfangen?
Wenn er nach Hause kam, und Alles gestand, was vorgefal¬
len war, so hatte er harte Strafe zu erwarten; denn sein
Vater war sehr strenge und hatte ihm diesmal ausdrücklich
gesagt: Bestelle ja den Brief recht ordentlich, denn es ist mir
;ehr viel daran gelegen. Heinrich kam in dieser Verlegen¬
heit endlich auf den schlimmen Gedanken, sich durch eine
Lüge aus der Noth zu helfen. Er versicherte also dem
Vaier, auf dessen Frage, mit großer Dreistigkeit, dass er den