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H. Allerlei Geschichten. 
214. Der Wolf, der Fuchs und der Kranich. 
1. Der Wolf verzehrte ein geraubtes Kalb mit großer Begierde. 
Da sagte der Fuchs, der zu ihm kam: ,,Oheim, du schlingst so 
gierig, du wirst dir den Magen verderben.“ Der Wolf aber kehrte 
sich nicht daran und fraß, was er konnte. Auf einmal blieb ihm 
ein Knochen im Halse stecken. Da konnte er nicht weiter und 
fing an zu schreien und zu bitten: „Vetter Fuchs, schaffe mir Hilfe, 
oder ich sterbe!“ Der Fuchs dachte zwar: „Warum frißt du so 
viel!“ Er ging aber doch und holte den Kranich, der weit und 
breit als ein geschickter Wundarzt bekannt war. 
2. Der Kranich kam, setzte sich die Brille auf und schaute dem 
Wolf in den Bachen. Dann steckte er den langen Schnabel tief 
hinein, zog den Knochen geschickt heraus und verordnete, wie der 
Wolf sich weiter verhalten solle. 
3. Nach etlichen Monaten, als dem Wolfe wieder besser war, 
verlangte der Kranich von ihm den Lohn für seine Bemühung. 
Doch der Wolf fuhr ihn an: ,,Das ist ja unverschämt von dir, daß 
du noch eine Belohnung verlangst. Dein Schnabel steckte tief in 
meinem Rachen, und ich konnte dich damals töten. Ich schenkte 
dir aber das Leben, und du bist noch nicht zufrieden? Ich werde 
dich noch jetzt auffressen, wenn du nicht machst, daß du fort¬ 
kommst!“ — „Ist das wohl recht?“ sagte der Kranich zu dem 
Fuchse, der ihn gerufen hatte. „Ja,“ sagte der Fuchs, „Undank ist 
der Welt Lohn.“ *„1 Zimrock. 
215. Der Hahn, der Hund und der Fuchs. 
1. Ein Hund und ein Hahn schlossen Freundschaft und wanderten zu¬ 
sammen in die Fremde. Eines Abends konnten sie kein Haus erreichen 
und mußten im Wald übernachten. Der Hund sah endlich eine hohle 
Eiche, die für ihn eine vortreffliche Schlafkammer war. „Hier wollen 
wir bleiben", sagte er zu seinem Reisegefährten. „Ich bin es zufrieden," 
sagte der Hahn, „aber ich schlafe gern in der Höhe." Damit flog er auf 
einen Ast, wünschte dem andern gute Nacht und setzte sich zum Schlafen. 
2. Als es Morgen werden wollte, fing der Hahn an zu krähen, denn er 
dachte: „Es ist bald Zeit zum Weiterreisen!" Das Kikeriki hatte der Fuchs
	        
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