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gãästen, inmitten derselben und zwischen ihnen, in Zivilkleidung,
ohne Degen, frei, heiter und unbefangen umhergehen, oft ganz
allein in der Abenddämmerung, die seinem Gemüt am meisten
zusagte. Bei seinem Aufenthalt in Sanssouci, Paretz und der
Pfaueninsel waren nie Schildwachen, nie abgeschlossene Wege; wie
alle Zugänge, so standen die Türen seiner Wohnzimmer offen,
und er hatte nichts dagegen, wenn die Dienerschaft sich entfernte,
und nur einer um ihn zur Aufwartung dablieb. Fremde erstaun—
ten, wenn sie ihn auf den Straßen zu Berlin und Potsdam allein
gehen oder in einem zweispännigen Wagen ohne Begleitung fahren
sahen. Wie ein Privatmann still, ohne Ansprüche, ruhig und sicher
durchs Leben aus- und eingeht, so der König, und diese beglückende
Stimmung bewahrte er, wiewohl er wußte, daß aller Augen auf
ihn gerichtet waren. Man will wissen und hat in diesen Tagen
wieder behauptet, daß mehrere Attentate auf sein Leben statt—
gefunden hätten. Bei seiner Lebensweise, in welcher der Weg zu
seiner Person immer offen stand, wäre auch nichts leichter ge—
wesen, als eine Freveltat an ihm zu vollbringen. Aber gewiß
ist, daß nie ein Bösewicht oder Meuchelmörder sich seiner ge—
heiligten Person genahet hat. Keiner von uns allen hat auf ein—
fachen, friedlichen Pfaden sicherer gelebt und im Schatten stiller
Häuslichkeit ruhiger geschlafen als er. Wo andere wohl einmal
Gefahren für ihn fürchteten und zu sehen meinten, ahnte er keine
und dachte an etwas der Art nie. Furcht lag überhaupt nicht in
seiner Seele. Der Hohenzoller kannte sie nicht. Bei seinem Auf—
enthalt in Erdmannsdorf, welches in romantischer Lage am Fuße
des Riesengebirges gelegen ist, und das er sehr liebte, und wo
er, entfernt von der großen, unruhigen Welt, sich glücklich fühlte,
empfing er einmal ein anonymes Schreiben, dem Postzeichen nach
aus Breslau. In demselben wurde der König in einer zwar un—
gebildeten. doch treuherzigen, gutmütigen Sprache gewarnt, mehr
auf seiner Hut zu sein, und gebeten, eine Wache vor seinem Hause
aufstellen zu lassen, nicht ferner mehr bei unverschlossenen Türen
zu schlafen und namentlich nicht abends, wie bisher geschehen,
allein und ohne Begleitung in den benachbarten Eichen- und
Buchenwald zu gehen. Der anonyme Schreiber bat sehr dringend,
die gutgemeinte Warnung zu beachten, weil er gewiß wisse, daß
ein Bösewicht, der Arges im Sinne habe, Erdmannsdorf um—
schleiche. Der König lächelte, als er den Brief gelesen hatte, teilte