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daß er ein Schafhirt war. Nur zuweilen warf er einen Blick auf die
vier oder fünf Schafe, welche neben ihm weideten, und dann zuckte um
seinen Mund ein trauriges Lächeln. Noch vor kurzer Zeit hatte er hier
für feinen Herrn eine zahlreiche Herde gehütet, diese wenigen Tiere waren
alles, was ihm davon übriggeblieben war; sie waren fein Eigentum, und
er hatte sich mit ihnen hierher geflüchtet. Der Abhang des Berges war
steil, so daß er hoffen durfte, die Feinde würden nicht auf die Höhe
kommen. In dem Dorfe dort unten im Tale besaß der Schäfer ein Haus,
die Franzosen aber hatten sich in demselben einquartiert, ihn daraus ver¬
trieben und alle Vorräte, die er für seine Familie und seine Tiere zum
Winter gesammelt hatte, ihm genommen. Was sollte er nun noch da
unten im Dorfe? Seine beiden Söhne standen drüben im preußischen
Heere, und zu ihnen eilten seine Gedanken. Wenn er jünger gewesen
wäre, er hätte gern die Waffen zur Hand genommen, um die Frechheit
der übermütigen Eroberer züchtigen zu helfen; aber in feinen Jahren
konnte er nicht mehr daran denken, unter die Soldaten zu gehen. Seine
Hände ballten sich oft unwillkürlich in stillem Zorn, und er stieß den
Hirtenstab auf die Erde, wenn er des Übermutes und der Grausamkeit
der Franzosen gedachte.
Da kam ein Mann schräg an dem Abhang des Berges daher und
eilte auf ihn zu, aber er hörte ihn nicht, bis der neben ihm sitzende Hund
laut anschlug. Schnell wandte der Hirte den Kopf, doch seine Augenbrauen
zogen sich flnster zusammen, als er den Kommenden erkannte.
„Nun, Born!" ries dieser, ein Mann von etwa fünfundzwanzig bis
dreißig Jahren, dessen stechende Augen seinem Gesicht einen unheimlichen
und unangenehmen Ausdruck gaben, „Ihr steht ja hier so ruhig, als ob
da unten nichts los wäre. Das ist ein Leben und Treiben ringsum; man
sollte eigentlich Gott danken, wenn man mit heiler Haut daraus wäre."
„Niemand hindert Euch daran," antwortete kalt der Schäfer. „Eure
Söhne stehen dort oben unter den Preußen, nicht wahr?" fragte der Fremde.
Born nickte bejahend. „Und Eure Frau und Tochter?" „Sie sind da
drüben," erwiderte der Hirt und zeigte mit der Hand nach den Bergen
jenseits der Saale. „Denkt Ihr denn, daß sie dort in Sicherheit sind?
Dorthin wird der Feind auch dringen." „Wer weiß?" sprach Born. „Es
kommt vielleicht auf einen einzigen Tag an, und die Fremden müssen wieder
aus dem Lande hinaus, wie sie hereingekommen sind." „Ha, ha!" lachte
Sielert, so hieß der Mann, „denkt Ihr denn, daß die Preußen siegen
werden? Ich komme heute von Kahla und Jena und habe gesehen, wie
zahlreich die Franzosen sind. Es sollen viel über hunderttausend Mann
sein, und die lassen sich nicht so leicht zum Lande hinausjagen."
Born blickte den Mann scharf und finster an; dann sprach er langsam:
„Ihr scheint es mit den Feinden zu halten?" „Nein, nein!" war die
Antwort, „aber der Napoleon versteht den Krieg." „Dem mag sein, wie