10
roher Menschen schützen muß? Viele jedoch sind dem Mutwillen des Frevlers
leicht erreichbar. Nichts kann sie schützen als die Pietät, d. i. ehrfurchts¬
volle Gesinnung. Es ist darum ein abscheuliches Bubenstück, wenn jemand
zerstört oder beschädigt, was der Fleiß des Künstlers in langer Zeit geschaffen,
was wohldcnkende Menschen hingestellt haben, damit jeder Vorübergehende
es mit Lust beschaue uud mitgenieße.
Und doch gibt es noch ärgern Frevel als den genannten; das ist der
Baumfrevel oder die mutwillige Beschädigung der Bäume an den Landstraßen
und des jungen Anwuchses in den öffentlichen Anlagen und Wäldern. Wer
ein Kunstwerk oder ein Denkmal beschädigt, versündigt sich an seinem Nächsten,
dessen Arbeit und Freude er mutwillig zerstört; der Banmfrevler versündigt
sich zugleich an einem Werke Gottes, das keine menschliche Kunst wieder
herstellen kann.
Und was soll ich von denen sagen, die ein lebendes Geschöpf Gottes
mißhandeln, quälen und martern, die ihm eine Last aufladen, die cs nicht
tragen oder ziehen kann, die ihm die Nahrung verkümmern, deren es 51t
seinem Bestehn bedarf? Von ihnen will ich nur das sagen, was die hl. Schrift
über sie berichtet, die solchen Menschen schon längst das Urteil gesprochen
hat: „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs; aber das Herz des Gott¬
losen ist unbarmherzig." Nach Weber.
15. Der Meineid.
Rudolf, Herzog von Schwaben, hatte dem Kaiser Heinrich IV. Treue
geschworen, aber diesen Schwur gebrochen, indem er nachher von ihm abfiel.
Nun geschah cs, daß er bald darauf in der Schlacht von Merseburg die
rechte Hand verlor. Erschrocken hob er die Hand auf, zeigte sie seinen
Soldaten und sprach: „Dies ist die Hand, mit der ich dem Kaiser Heinrich,
meinem rechtmäßigen Herrn, das Wort der Treue gegeben habe. Erwägt
nun selbst, ob ich mit Recht von ihm abgefallen bin!"
So augenscheinlich straft Gott den Meineidigen und stellt uns dadurch
die Heiligkeit und Wichtigkeit des Eids klar vor Augen. Die Bedeutung
des Eidschwurs im öffentlichen Leben darf nimmermehr verkannt werden.
Er ist das letzte, äußerste Mittel, durch welches ein Mensch zum Halten
eines gegebenen Versprechens verpflichtet oder die Wahrheit erforscht werden
kann. Der Soldat schwört Treue seinem Kriegsherrn, der Staatsbürger
Treue der Verfassung. Bon einem jeden Menschen kann überhaupt gefordert
werden, daß er die Wahrheit seiner Aussage vor Gericht durch einen Eid
bekräftige. Es ist eine furchtbar ernste Sache um einen Schwur. Schwören
heißt doch nichts andres, als Gott, den Allwissenden und Allmächtigen, zum
Zeugen dafür anrufen, daß man die Wahrheit aussagen oder ein Versprechen
halten wolle. Wer einen Eid ablegt, beruft sich auf das Höchste und Hei¬
ligste; eine feierlichere Art der Beteuerung gibt es nimmer. Aber daraus