Full text: Lesebuch für Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten in Elsaß-Lothringen

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selbst willen zu erhalten sucht, so ist auch der Käser unausgesetzt bestrebt, das 
seiner Fürsorge anvertraute Gut mit aller Hingebung zu pflegen und zu 
wahren. Ein ganz besonderes Merkmal des echten, gereiften Küfers ist der 
höchstansgcbildete, feine Geruchs- und Geschmackssinn desselben. „Ein rechter 
Küfer riecht am Kellerloch, welche Weine dort lagern", sagt das Sprichwort. 
Nun zur Faßbinderei! Zur Herstellung eines Fasses benutzt der Küfer 
gewöhnlich Eichen-, seltener Buchen-, Eschen-, Kastanien- oder Nadelholz. 
Erstgenannte Holzart wird sowohl aus einheimischen Wäldern, als auch ans 
Ungarn und Amerika bezogen. Zunächst werden die Stämme in der ge¬ 
planten Faßlänge zerschnitten. Alsdann werden aus den astfreien Holzstücken 
die Dauben im Rohen ausgespalten. Hierzu benützt man den Dechsel, eine 
Art Axt, deren Schneide rechtwinklig zum Stiele steht. Die Dauben werden 
in Haufen locker aufgerichtet, damit sie gut austrocknen. Ist dies geschehen, 
so werden die Dauben auf der Schnitzbank sorgsam geformt, wobei man sich 
des Schnitzmcsscrs bedient. Die Dauben werden in der Mitte breiter und 
dünner als an den Enden. Die 1. Eigenschaft haben sie der Krümmung 
des Faßbauchs wegen, die 2., damit sie sich in der Mitte stark und mit 
leichter Mühe biegen lassen. Damit die Dauben sich mit ihrer ganzen 
Seitenfläche aneinander legen, werden sie auf der Fügcbank mit dem Füge- 
hobel etwas abgeschrägt. Der Fügehobel ist festliegend, daher die Dauben 
darüber hinbcwcgt werden. Nun werden die Dauben zusammengesetzt und 
mit Holz- oder Eisenreifen umgeben. Damit sich die Dauben genügend 
biegen, wendet man Hitze und Nässe an. Hierauf hobelt man am obern und 
untern Ende der Dauben eine Rinne ein, welche Kimme oder Gargel heißt. 
In diesen Rinnen werden die Böden gefalzt. Eine der Dauben erhält das 
Spundloch, und in einem der Böden, nahe am Rande, bohrt man das 
Zapfenloch, welches zum Abziehen der Flüssigkeit dient. Dann schneidet 
man mit der Säge die Dauben gleichmäßig lang und hobelt die scharfen 
Kanten ab. Nachher wird das Faß noch ausgeputzt. Fässer für Bier 
werden ausgepicht, diejenigen für Wein ausgeschwefelt. Das Pech verhütet 
einen etwaigen Holzgeschmack und verschließt die Holzporcn. Die sich beim 
Verbrennen des Schwefels entwickelnde schwefelige Säure zerstört alle 
Fänlnisstosfe. Aber nicht nur Fässer, sondern auch andre Holzgefäßc ver¬ 
danken wir dem Gewerbefleiß des Küfers, so Kübel, Bütten u. s. w. 
Während heutzutage die Faßbinderei nicht selten mit Hilfe von Maschinen 
ausgeübt wird, war sie in früherer Zeit ausschließlich das Werk der Hände. 
Dabei wurden die Haus- oder Lagerfässer öfters mit schönem, reichem Schnitz¬ 
werk verziert. Kunstvoll ausgeführte Wappen verrieten die Besitzer, während 
ein launischer oder neckischer Spruch nicht selten auf den kostbaren Inhalt 
hinwies. Solche Fässer gingen als Familienprunkstücke gewöhnlich auf den 
Erstgeborenen über. Manche Stifts- oder Ratskeller weisen noch heute 
solche Sehenswürdigkeiten auf „aus einer Zeit, als Kunst dem Handwerk 
war geweiht!" 
W. Walter.
	        
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